14. Schwarze Wand
Der Markt
Der Weltmarkt für Heizung, Lüftung und Klimatechnik (HLK) wird im Jahr 2012 die 70-Milliarden-Dollar-Grenze überschritten haben. Weltweit wird die Nachfrage jährlich um 5,8 Prozent steigen. Asien und die Pazifikregion, allen voran China und Indien, werden den Rest der Welt übertreffen; der Anstieg der Lebensqualität in diesen Ländern wird hier sichtbar. Kühlsysteme werden stärker als Heizungen nachgefragt werden. Da die Kunden zunehmend an die Vorzüge von Klimaanlagen in Autos gewöhnt sind, werden sie diese auch für ihre Wohnungen wünschen. Der Markt ist stabil und die sieben größten Hersteller halten über 4/5 aller Verkäufe.
Energieeinsparung und Umweltschutz sind die zwei Hauptthemen auf diesem Sektor. Bisher setzte die Industrie gewöhnlich FCKW-Gase zur Kühlung ein, die die Ozonschicht zerstören. Diese wurden durch umweltfreundlichere Chemikalien ersetzt. Zuletzt stellte sich CO2 als geeignetstes Substitut heraus, sowohl für Autoklimaanlagen als auch in Wärmepumpenheizungen. Die heute gängige CO2-Wärmepumpenheizung wurde vor nur ein paar Jahren in einer Zusammenarbeit von neun japanischen Firmen, darunter Daikin, Hitachi, Toshiba und Panasonic, entwickelt.
Obwohl auch CO2 ein Treibhausgas ist, geht die Industrie davon aus, dass die durch HLK freigesetze Menge an CO2 im Vergleich zu den Emissionen durch Kraftwerke und Fahrzeuge zu vernachlässigen ist. Jedoch liegt der Hauptnachteil darin, dass CO2-Systeme unter fünfmal höherem Druck stehen müssen als herkömmliche Anlagen. Dies bedeutet eine Reihe von neuen Herausforderungen an die Ingenieure. Um hohe Effizienz bei wenig Lärm, wenig Vibrationen und hohem Innendruck zu erreichen, werden stärkere Rohre aus teureren Legierungen benötigt, die zusätzlich die Nachfrage nach speziellen Metallen steigern.
Die Innovation
Die nächste Welle von Neuerungen scheint die Integration des Internet in die HLK darzustellen. Traditionelle Thermostate in Kombination mit Internetkommunikation und Kontrolle durch Netzwerke erweitern den Begriff der “intelligenten Gebäude”, die die Daten aus der Luft der Räume und Wohnungen erfassen, analysieren und kontrollieren, was ursprünglich nur für industrielle Anwendungen gedacht war. Intelligente Kontrollsysteme messen und optimieren den Energieverbrauch und senden Nachrichten und Berichte zum Zweck der Kostensenkung für die gesamte Lebensdauer des Systems.
Die einschneidende Veränderung des Denkens in der Welt der HLK ist die Möglichkeit der Eliminierung der traditionellen Kompressoren und Pumpen dank der Entwicklung eines Heiz- und Kühlsystems auf Grundlage der “Schwarzen Wand”. Die Südseite eines Gebäudes besteht hierbei aus einer schwarzen Wand mit einer Luftschicht zwischen der Wand und einem durchsichtigen Kunststoff aus waagerechten Luftleitungen in hoch leitender Aluminiumfolie. Die Außenluft dringt von links ein und fließt nach rechts, bis sie den vertikalen Schacht erreicht, steigt auf und wird schließlich als Warmluft in den Hausflur geleitet.
Diese wärmende schwarze Wand nutzt die Gesetze der Physik, funktioniert ohne ein einziges bewegliches Teil und kann ein komfortables Heizungssystem sein, das ohne Kompressoren, Pumpen oder andere mechanische Geräte auskommt. Ein erfahrener Architekt kann mit entsprechenden Programmen die richtige Größe der Wand und der Luftschächte errechnen, um die nötige Menge an Luftzug bei der jeweils vorliegenden Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit für die gewünschte Innentemperatur zu erreichen. Das System kann im Sommer mit den selben Prinzipien angewandt werden. Der Raum soll nun jedoch eher gekühlt als beheizt werden. So kann die nun schnell gewonnene Heißluft durch einen Wärmetauscher geleitet und auf dieselbe Weise als Kaltluft genutzt werden, so wie in einem Kühlsystem Warmluft abgeleitet wird, um Kaltluft zu gewinnen.
Der simple Aufbau des Systems benötigt kaum Wartung (gelegentliches Scheibenputzen). Da keine beweglichen Teile eingebaut sind, gibt es keine Reibung oder Abnutzung; daher benötigt die Anlage weniger Wartung und verbraucht keine Energie. Im Gegenteil könnte dieses Heiz- und Kühlsystem noch zur Stromgewinnung mitgenutzt werden. Die Investitionskosten sind minimal, die Energieeinsparung liegt auf der Hand, Wartung ist kaum nötig und die Vorteile somit offensichtlich.
Erster Umsatz
Die hier abgebildete Schwarze Wand ist seit 1995 in Betrieb und wurde in Auftrag gegeben von Per Carstedt, dem Ford-Händler in der Region von Umeå (Schweden), der bereits auf eine lange Erfolgsgeschichte von Innovationen für energieeffiziente Gebäude zurückblicken kann.
Sie ist Teil der GreenZone, entworfen von Anders Nyquist, der eine große Zahl energie- und wassersparender Gebäude in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika entwickelt hat. Die gut dokumentierte Performance des kleinen Industriebezirks in der GreenZone, die eine Tankstelle (Statoil), ein Fast-Food-Restaurant (McDonalds) und eine Ford-Niederlassung umfasst, wurde von Investor und Nutzern so positiv bewertet, dass für 2011 eine zweite, erweiterte GreenZone mit neuesten Technologien geplant ist.
Die Chance
Während viele Menschen Zeit und Mühe der drei Stunden Reise von Stockholm Richtung Norden nicht scheuen, um dieses Designwunder zu betrachten, brauchte es eine Firma wie Toyota, die sich bewusst wurde über die Reichweite dieses simplen Wegs, Hitze zu nutzen, anstatt sie nur auszusperren, wie es normalerweise bei Südwänden getan wird. Nach eingehender Analyse entschied sich der japanische Autohersteller, seine künftigen Büro- und Verkaufsgebäude in Skandinavien von Anders Nyquist bauen zu lassen. Die Tatsache, dass der Architekt die Performance bei niedrigeren Kosten beweisen konnte und außerdem zeigen konnte, dass er für verschiedene kulturelle und klimatische Verhältnisse einschließlich Japan arbeiten konnte, wo er die Gebäude der Daiwa House in Sendai modernisierte, hat Toyota überzeugt, dass er der führende Gebäudeentwickler war.
Es wird erwartet, dass die Schwarze Wand zum Heizen und Kühlen dank ihrer Sichtbarkeit bei Ford und Toyota immer beliebter wird. Die Bauweise ist denkbar einfach; mit einem Minimum an Kenntnissen der Physik und speziell der Luftströme ist ein generelles Verständnis dieser HLK-Technik möglich, die Kapital freisetzt und gleichzeitig mehr Komfort zu niedrigeren Preisen für alle Gebäudenutzer bietet. Zwar kann die Technik nicht auf Klimaanlagen in Autos übertragen werden, doch sie ermöglicht grundsätzliche Neuerungen nach dem Prinzip der Blue Economy: “Etwas durch nichts ersetzen”.
Bilder: Anders Nyquist, StockXCHNG
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