59. Gleichstrom als Standard
Der Markt
Der Weltmarkt für Computerserver wird 2011 fast 48 Milliarden Dollar erreichen, 2009 lag er noch bei 42,2 Milliarden. Dies entspricht 7,6 Millionen Servern. Bereits im ersten Quartal 2011 wurde ein Wachstum von 8,7 Prozent im Verkaufsvolumen verzeichnet, während das High-End-Segment um 14,2 Prozent wuchs. Dies sind gute Neuigkeiten nach dem starken Rückgang der Nachfrage um 18% im Jahr 2008. Das Cloud-Computing-Konzept, das je nach Nachfrage Daten und Dienstleistungen über Netzwerke von Computern anstelle eines lokalen Servers bereitstellt, wird die Nachfrage nach Servern erwartungsgemäß weiter stimulieren. Eine der großen Neuheiten im Internetsystem, das sich ständig weiterentwickelt, ist, dass eine wachsende Anzahl Server sich nur auf Video konzentriert. Dieses Marktsegment springt wahrscheinlich von fast null vor zwei Jahren bis auf 2,3 Milliarden im Jahr 2012.
Die Datenzentren wachsen explosionsartig. Ein Konzern wie Dell verdoppelt seine Daten-Dienstleistungszentren in China von 1000 auf 2000 in nur einem Jahr und beruft sich dabei darauf, dass 60% aller Cloud-Dienstleistungszentren in China von Dell gestützt werden. Der Marktführer für Server (aller Arten) ist Hewlett Packard mit 31,5% Marktanteil, dicht gefolgt von IBM mit 29,2 Prozent. Oracle, ein Newcomer auf diesem Gebiet, hat es bereits auf 6,5% geschafft. Die Serverparks haben ihren Preis: 1,2% allen elektrischen Stroms in den USA werden von Servern verbraucht, die somit für 0,5% aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Mit 100 000 Servern erklärt sich Intel zum weltgrößten Servernutzer. Facebook hatte 2010 über 60 000 Server, doch Google hält geheim, wie viele Server er einsetzt. Einige behaupten, dass er bereits die Millionenmarke überschritten hat. Microsoft könnte etwa 225 000 haben und Yahoo und eBay jeweils über 50 000. Mit „nur“ 20-25 000 Einheiten zählen Telekommunikationsriesen wie Verizon und AT&T zu den kleineren Verbrauchern.
Die Innovation
Innovationen für Server zielen hauptsächlich auf eine Kombination aus immer höherer Computerleistung und Verkleinerung ab. Die Vorkonfiguration von Serverbündeln sind ebenfalls Schlüsselkomponente auf dem Weg zu mehr Effizienz. Insbesondere in der Entwicklung von Komponenten hat die Energieeffizienz hohe Bedeutung. Im Bereich der mobilen Elektronik hat sich die Bluetooth-Technologie als besonders leistungsfähig erwiesen, doch leider auch als ausgesprochener „Stromfresser“. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem TDP gewidmet, die den Bedarf pro Prozessor von 35-40W bis auf 15W und bis 2012 auf 10W reduzieren konnte. Doch die größte Herausforderung liegt darin, dass das Stromnetz Wechselstrom liefert, während alle Geräte Gleichstrom benötigen. Bei Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom geht Strom verloren. Zwar entstand hier eine riesige Industrie für Gleichrichter, doch dies führte nicht nur zu höheren Kosten, sondern erschwerte auch die Bestrebungen zur Energieeinsparung, da mindestens 10 Prozent der Wechselstromenergie in Wärme umgewandelt werden und somit verloren gehen. Noch schlimmer ist, dass die überschüssige Wärme ständig abgeführt werden muss und daher die Serverparks leistungsstarke Klimatisierung benötigen.
Der Physikexperte Prof. Umesh Mishra lehrt an der University of California in Santa Barbara (USA). Er hat bereits große Beiträge in der Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-Transistoren geleistet. Prof. Mishra ist Experte in der Verstärkung und fand heraus, dass er Computerchips entwickeln konnte, die Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln. Statt 10 Prozent der Energie durch Wärmeentwicklung zu verlieren, konnte er nun über 99 Prozent des Stroms fast ohne Wärmeverlust nutzen. Mit solch hocheffizienten Umwandlern könnte die Nachfrage nach den Klimaanlagen reduziert werden, die in den Serverparks brummen und die Wärme von Licht und Servern abführen. Wenn diese Lösung überall in der Industrie umgesetzt wird, könnten seiner Rechnung zufolge Hunderte von Terawattstunden Strom eingespart werden. Ganz Las Vegas – betonte er – verbraucht „nur“ 33 Terawattstunden!
Der erste Umsatz
Prof. Umesh gründete daraufhin Transphorm, eine Firma, die sich auf die Produktion von Chips zur Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom konzentriert und somit auch Ladegeräte überflüssig macht, die ebenfalls Gleichrichter sind. Transphorm verfügt über ein finanzielles Rückgrat von 38 Millionen Dollar durch Investoren, darunter Google, der bereits entschieden hat, für jeden Server eine 12-Volt-Reservebatterie zu entwickeln. Google ging noch weiter und installierte seine Datenzentren in herkömmlichen 40-Fuß-Schiffscontainern, die jeweils mit 1160 Servern ausgestattet sind und einen Energieverbrauch von 250 kW Gleichstrom haben. Solche Datenzentren hängen gewöhnlich von unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV) ab, riesigen Batterien, die sich einschalten, wenn der Strom ausfällt. Die USV schaltet sich viel schneller ein als herkömmliche Dieselgeneratoren, die somit Stromunterbrechungen verursachen. Doch der Einbau von Energiezufuhr im Server selbst ist noch billiger und kann direkt für den Server berechnet werden, Kapazitäten freisetzen und auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten werden.
Die Chance
Umesh Mishra plant die Fertigstellung und Inbetriebnahme seiner Fabrik für Prototypen für 2012. Doch eigentlich sollte die Entwicklung dahin gehen, gar keine Umwandlung mehr zu benötigen. Der Ersatz von „etwas“ durch „nichts“ ist eins der Kernprinzipien der Blue Economy. Ziel sollte sein, überhaupt keine Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom zu benötigen. Dies geht nur, wenn das gesamte Stromnetz einschließlich der Grundstromversorgung mit Gleichstrom funktioniert. Schließlich funktionieren Server, Notebooks, LED-Licht, Handys, Elektromotoren und –fahrzeuge und sogar Kühlschränke mit Gleichstrom. Solarpaneele, Piezoelektrik sowie viele erneuerbare Energiequellen liefern ebenfalls Gleichstrom. Warum sollten wir also nach teuren Gleichrichtern (die oft „Ladegeräte“ genannt werden) suchen, wenn sie einzig dazu dienen, Wechselstrom von 110 oder 220 Volt in 6, 12 oder 24 Volt Gleichstrom umzuwandeln, anstatt diese Ineffizienz des Stromnetzes einfach zu umgehen?
Die Revolution, die hier auf der Hand liegt, ist, dass Gleichrichter einfach unnötig werden, da erneuerbare Energie lokal produziert und verbraucht werden könnte, womit groß angelegte intelligente Stromnetze ebenfalls überflüssig werden. Gebäude könnten einen Großteil ihres Stroms durch eine Vielzahl von Energiequellen beziehen, die bereits im Beispiel 12 (Flatterbänder), Beispiel 40 (Osmose), Beispiel 42 (durch den Wasserhahn), Beispiel 53 (innovative Solarpaneele) beschrieben wurden, zuzüglich Piezoelektrik, die durch den Gebäudedruck generiert werden könnte – jede Tonne Kompression kann bis zu 6 Volt Gleichstrom produzieren. Die Kompressionspaneele befinden sich noch in der Planung, ähneln sich in der Herstellungstechnik jedoch den Solarzellen, wobei Silizium durch Quarz, kristalline Seide oder sogar Salz oder Zucker ersetzt wird. Einzige Bedingung für den Erfolg dieses Konzept ist, dass das Gebäude sich leicht bewegt – auf molekularer Ebene – und dies kann durch eine Neukonzeption des Daches leicht erreicht werden. Der Überbau eines Gebäudes würde eher wie ein Baum mit einer breiten Krone aussehen, der die Basis vor Regen und Sonne schützt, sich jedoch im Wind und mit der Erde bewegt, um die Energie der Erdrotation mit auszunutzen – ein Konzept, das Kepler bereits vor Jahrhunderten bewiesen hat. Diese Lösungen sind inspiriert durch natürliche Systeme.
Bilder: StockXCHNG
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