60. Batterien aus Wasser

Der Markt

Der Weltmarkt für Batterien wird 2011 fast 74 Milliarden US-Dollar erreichen. Der chinesische Markt ist bereits der größte und wächst am schnellsten. Der Umsatz der USA liegt bei etwa 15 Milliarden; dies entspricht 15 Milliarden Batterien. Dabei legen teure Batterien am meisten zu. Der Weltmarkt für Rohstoffe, aus denen Batterien hergestellt werden, wächst dieses Jahr auf 3,8 Milliarden Dollar an. Dabei liegt der Mehrwert von fertigen Produkten beim Zwanzigfachen des Rohstoffwerts. Herstellung und Verkauf von Batterien sind definitiv ein lukratives Geschäft. Während Autobatterien zu nahezu 100 Prozent recycelt werden, landen schätzungsweise 40 Milliarden andere Batterien in diesem Jahr auf Mülldeponien. Dies bedeutet, dass seltene und teure Metalle im Wert von etwa 2 Milliarden Dollar weggeworfen werden.

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Zwar wurde bereits vor 2000 Jahren die erste Batterie erfunden, doch es war Thomas Edison, der die erste Alkalibatterie mit 1-1,35 Volt Spannung erfand. Heutzutage wird die Stromstärke der Batterien in Joule bzw. Wattsekunden gerechnet, d.h. ein Watt entspricht einem Joule pro Sekunde. Eine Wattstunde sind demnach 3600 Joule. Der Weltmarkt für Batterien hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, von solchen auf Bleisäurebasis zum Preis von 0,17 Dollar pro Wh – der billigsten, die auch für Autos verwendet wird – bis hin zur Nickel-Cadmium-Batterie, die fast das Zehnfache kostet (1,50 Dollar). Die mittleren aus Lithiumionen, die standardmäßig in Elektrofahrzeugen von Nissan eingebaut sind, kosten 0,47 Dollar pro Wh. Nur wenige wissen, dass eine Kilowattstunde Strom aus Batterien das 100- bis 500-fache des Netzstroms kostet. Für Mobilität zahlt die Gesellschaft einen hohen Preis. Die größte Batterie wurde von ABB in Fairbanks, Alaska gebaut. Diese massive Nickel-Cadmium-Batterie liefert 40 Megawatt und somit genug Strom zur Versorgung von 12 000 Personen über sieben Minuten. Die kleinste Batterie misst 2,9 mal 1,3 mm, die Größe einer Bleistiftspitze, und kann bis zu 10 Jahre lang aufgeladen werden.

Die Innovation

Ein großes Manko von Batterien ist deren Gewicht. In der Industrie sind leichte Batterien gefragt. Die Wiederaufladung von Batterien durch Einpumpen eines Elektrolyts statt des Ersetzens oder Wiederaufladens ganzer Einheiten ist eine weitere bedeutende Neuerung. Die Batterie auf Vanadium-Basis, die mindestens 10 000-mal aufgeladen werden kann, ist ein weiterer Durchbruch, obwohl die weltweite Nachfrage damit nicht gedeckt werden kann. Jedoch haben Batterien ihre Grenzen bezüglich Bergbau, Recycling und einfachem Energiepotenzial. Ein Kilogramm Rohöl entspricht 50 MegaJoule (MJ) Energie, während ein Kilogramm Bleisäure-Batterie nur 0,1 MJ Energie liefern kann – 500-mal weniger. So erklärt sich, warum die Energie aus Batterien so teuer ist und die Speicherung von überschüssiger Elektrizität in Batterien immer einen Nachteil im Wettbewerb darstellen wird. Auf ihr Gewicht bezogen können auch die besten Batterien der Welt theoretisch nur 6 Prozent der Energie stellen, die das Erdöl liefert.

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Professor Bo Nordell von der Technischen Universität von Luleå (Schweden) war schon lange beeindruckt von der Fähigkeit des Wassers, Wärme zu speichern. Er erforschte die Speicherung von thermischer Energie und stellte fest, dass in einem Kubikmeter Wasser 334 MJ oder 93 kWh Wärme gespeichert werden können. Die Möglichkeit, entweder Eis zu nutzen, in dem die Energie der kalten Wintermonate gespeichert wird, oder durch Sonne erhitztes Wasser (siehe Beispiel 53), stellt einen billigen Speichermechanismus dar, der bei Anwendung im großen Maßstab und minimalen Kosten in der Infrastruktur sehr effizient ist. Er kann unbegrenzt wieder aufgeladen werden. Prof. Nordell unterstützte Kjell Skogbergs Dissertation, die zur Erbauung der weltweit ersten Schneekühlungs-Anlage in Sundsvall, Schweden für das städtische Krankenhaus führte. Dort wird die Kühle des im Winter gesammelten Schnees genutzt.

Der erste Umsatz

Per-Erik Larsson, der vom Landrat von Västernorrland eingesetzte Projektleiter, beschloss, die Energieanlage zu entwickeln und zu betreiben. Damals im Jahr 2000 war das Hauptziel die Vermeidung von ozonschädlichen Kühlungsmitteln, Senkung des Stromverbrauchs und Nutzung des Schnees, der hauptsächlich von Straßen, Dächern und Parkplätzen stammte. Der schmelzende Schnee wird durch Rohre geleitet. Die Bauweise ist recht einfach: Bevor das Wasser die Rohrleitungen des Krankenhauses erreicht, wird es gefiltert und durch Wärmetauscher geleitet. Die Wärmetauscher haben eine Kapazität von 3 MW und leiten Wärme aus dem Krankenhaus zum geschmolzenen Schnee. Das Wasser des Krankenhauses wird von 12 auf 7 Grad gekühlt. Das erwärmte Kühlwasser wird wieder ins Schneelager zurück geleitet und schmilzt dort weiteren Schnee, der wiederum zu den Wärmetauschern und dem Krankenhaus geleitet wird und die Kühlung sich somit fortsetzt. Nach der Installation der Schneekühlung konnte das Krankenhaus seinen Stromverbrauch für Kühlung um über 90 Prozent senken. Diese langfristige Lösung hat eine Lebensdauer von mindestens 40 Jahren, d.h. die Anlage kann 40 Winter lang wieder aufgeladen werden. Die Erfinder gründeten daraufhin die Firma Snowpower AB und vermarkten darüber diese simple Batterietechnik.

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Die Erfahrung von Sundsvall ist eine Anwendung im großen Maßstab von vielen kleineren Beispielen, in denen Wasser als Speichermedium für Energie genutzt wird. Zwar nutzen die meisten Systeme Wärme statt Kälte, doch der Mechanismus funktioniert auf Basis des Temperaturunterschieds, egal ob dieser von Eis oder Heißwasser ausgeht. 1989 baute Josef Jenni das erste Solarhaus und 2005 einen Solartank, der 205 Kubikmeter Heißwasser zur Stromgewinnung speichern konnte. Die Stadt Herleen in den Niederlanden nutzte als erste Heißwasser in stillgelegten Kohleschächten. Obwohl die tiefe Mine nur 35 Grad warmes Wasser liefert, ist dies mithilfe von Wärmetauschern genug, um 350 Häuser und ein Einkaufszentrum mit Wärme im Winter bzw. Kühlung im Sommer zu versorgen. Wasser kann fünfmal mehr Wärme speichern als Beton und ist daher im großen Maßstab eine ideale Alternative zu Batterien.

Die Chance

Jede Wohnung und jede Stadt verfügt über ein ausgefeiltes System zur Wasserspeicherung. 80 Prozent des Energieverbrauchs in einer normalen Wohnung entstehen beim Heizen oder Kühlen von Luft sowie Erhitzen von Wasser, somit liegt die wahre Chance nicht nur in der Nutzung erneuerbarer Energien, sondern vor allem in einer effizienten Speicherung von Energie. Das billigste und am weitesten verbreitete Speichermedium ist Wasser. Hier bietet sich die Möglichkeit, die Energiespeicherung zu überdenken, da wir Wasser erhitzen (oder kaltes Wasser auffangen) und speichern können. Der erste Vorteil liegt darin, dass heißes Wasser das Risiko der bakteriellen Verseuchung mindert. In Spanien müssen Hotels ihr Wasser bei 90°C speichern, um so die Ausbreitung von E.coli-Bakterien zu bekämpfen, und es dann auf 38-40 Grad in Duschen und Bad abkühlen, wobei über 50 Prozent der enthaltenen Energie verloren gehen.

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Wenn wir das Prinzip „Nutze, was du hast“ in die Praxis umsetzen, wird Heißwasser zu einer der Hauptquellen für Elektrizität. Festkörper-Wärmetauscher benötigen nur 3 Grad Temperaturunterschied, um Strom zu erzeugen, ein Phänomen, das unter dem Namen der „Thermoelektrizität“ bekannt ist. Denken sie das nächste Mal beim Duschen doch einmal darüber nach, wie viel Energie beim Mischen von Kalt- und Warmwasser verloren geht. Denken Sie auch einmal an das Potenzial, wenn alle Wassertanks, die bereits gebaut wurden, zu Energiespeichern umgebaut würden und so eine passive Leistung in eine aktive Komponente umgewandelt würde, die eine neue Art intelligenten Netzes benötigt. Hier liegen so viele Chancen für Unternehmensgründer, dass sogar ein neuer Beruf entstehen könnte: der „Wasserelektriker“.

Bilder: StockXCHNG

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