70. Intelligentes Stromnetz

Der Markt

Auf dem Weltmarkt für Technologien für intelligente Stromnetze wird 2011 ein Wachstum bis auf über 110 Milliarden US-Dollar erwartet, bis 2014 sogar bis auf 171 Milliarden Dollar. Am stärksten wächst der Markt für intelligente Sensoren, mit Aussichten auf mehr als eine Verdopplung von 37 (2009) auf 85 Milliarden Dollar (2014). Ebenso profitiert der IT-Sektor in Hard- und Software von einem schnellen Wachstum von 15 auf 40 Milliarden Dollar, während integrierte Kommunikationssysteme fast um ein Dreifaches von 10 auf 27 Milliarden Dollar wachsen werden. Am stärksten jedoch wird der Bereich des Smart Metering wachsen, von nur 6,4 Milliarden auf über 20 Milliarden Dollar in 5 Jahren. 2010 führte der US-Markt mit 21,4 Milliarden Dollar den Trend an; seine Wachstumsaussichten liegen bei 43 Milliarden für 2014. Bis dahin wird der chinesische Markt ihn jedoch mit schätzungsweise 61,4 Milliarden Dollar übertroffen haben.

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Beim Smart Metering werden Wellen von Datenmessungen gebündelt und übertragen. Dies schafft Wachstumsanreize für Konzerne wie General Electric, Siemens, IBM, Itron sowie Landis+Gyr, die wiederum die Versorgungsbetriebe mit Geräten zur Installation in den Haushalten beliefern. Die Netzanbieter für intelligente Stromnetze wie Silver Spring Networks sowie die Anbieter von Hausenergiemonitoren wie Tendril, OpenPeak und Control4 kämpfen um ihre Marktvorteile. Doch hinter den Dutzenden von Startup-Unternehmen stehen die Riesen des Internet-Booms wie Intel und Cisco Systems, die zusätzliches Einkommen für Netzanbieter schaffen, die von bloßen Strom- und Wasserlieferanten zu Full-Service-Konzernen aufsteigen.

Die Innovation

Die in den Industrieländern eingesetzte Technik wurde großenteils vor 60-80 Jahren gebaut. Sie war darauf ausgelegt, ausgehend von einem riesigen Fossilkraftwerk soviel Energie, Wasser und Gas zu liefern, wie die Kunden verbrauchen könnten. Die Sorgen um Klimaveränderung und erneuerbare Energien zwingen die Netzanbieter jedoch dazu, ihre Infrastruktur zu erneuern. Um dauerhaft erneuerbare Energiequellen einzubinden, werden genaue Messungen, Aufzeichnungen, Steuerungen, Analysen und Regulatoren benötigt. Daher konzentrieren sich die Innovationen auf mobile Kommunikation, IP-Standards, Datenverarbeitung und –auswertung. Messgeräte und Netz sind untereinander verbunden, sie kommunizieren miteinander und werden intelligenter. In einem durchschnittlichen amerikanischen Haushalt stehen 24 Geräte der Unterhaltungselektronik – 1980 waren es nur drei. 31 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in einem Haushalt gehen auf Kosten der Unterhaltungselektronik; Satelliten- und Kabelfernsehen schlucken dabei mehr Strom als der heimische Kühlschrank. Es ist Zeit, über das Smart Metering im Datenverbund hinauszugehen.

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Nach seinem Studienabschluss der Informatik an der Harvard University begann Dan Yates seine unternehmerische Karriere als Gründer von Edusoft, einer Firma für Bildungssoftware zur Leistungsbewertung. Nach Verkauf der Firma erfüllte er sich einen Kindheitstraum und reiste mit seiner Frau von der arktischen Küste Alaskas bis an die Südspitze von Südamerika. Während der Reise fiel Dan die Umweltzerstörung auf, und er beschloss, seine beruflichen Karriere der nachhaltigen Wirtschaft zu widmen. Er bemerkte, dass der Energieverbrauch eine der Hauptursachen ist und widmete seine Computerkenntnisse der Aufklärung von Millionen Menschen, die nichts über ihren Energieverbrauch wissen. 2007 gründete er Opower von einem gemieteten Schreibtisch in San Francisco aus. 2011 war er Finalist des von Ernst&Young ausgeschriebenen Wettbewerbs „Unternehmer des Jahres“ und hat bereits 200 Angestellte – mit steigender Tendenz.

Der erste Umsatz

Dan und sein Team erfanden eine neue Plattform für Netzanbieter zur Kommunikation mit ihren Kunden, die sich dort informieren können, wie sie Energie effizient nutzen und so bares Geld sparen können. Damit wird bewusster Umgang mit Energien für sie persönlich relevant. Sie beginnt mit einer Übersicht, wie viel Energie im eigenen Heim wann und zu welchem Preis verbraucht wurde.

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Inzwischen liefert Opower Berichte an über 3 Millionen Haushalte und informiert so die Menschen, wie sie Millionen Dollar sparen können. Die Netzfirmen liefern jede Menge Tarifinformation, merken aber nur, dass ihre Kunden sie kaum auf ihren Webseiten suchen. Dan und seine Kollegen haben die Netzanbieterseiten stark personalisiert und sie zu Hilfswerkzeugen bei der Energieverwaltung gemacht, zu finden sind Warnhinweise zu Verbrauchsspitzen zusammen mit Tipps, wie sie vermeidbar sind. Da Dan es nicht für zweckmäßig hält, die Menschen mit Daten und Tabellen zu überschwemmen, ließ er sich einen Weg patentieren, wie diese Informationsflut in einfache, nachvollziehbare und persönliche Ratschläge umgewandelt werden kann. Opower stellt keinen Strom her, sondern nutzt vorhandene Ressourcen, um das Netz effizienter zu machen, eins der Kernprinzipien der Blue Economy. In Zusammenarbeit mit über 50 Netzanbietern hat Opower in wenigen Jahren 40 Prozent der Energie eingespart, die durch die amerikanische Solarindustrie produziert wird, ohne den Lebensstandard zu beeinträchtigen.

Die Chance

Eine Studie der Universität Oxford hat bestätigt, dass Verbraucher ohne ihr System zu ändern 10 Prozent Strom einsparen können, sobald sie in Echtzeit über ihren Verbrauch informiert sind. Ein chilenisches Team unter Leitung der Elektroingenieure Gabriel Antonio Villalón Sepúlveda und Robinson Eduardo Gálvez Herrera ging noch einen Schritt weiter als Opower. Ihr intelligentes Netz bietet Daten zum Stromverbrauch in Echtzeit an und zeigt den Verbrauch sowohl in kW sowie in Kosten für jedes Elektrogerät zu Hause an. Dabei vergleicht ihre Software den Realverbrauch mit der theoretischen Leistung und deckt so Minderleistungen und zu hohen Verbrauch auf. Sie überprüft sogar, ob das Gerät gerade überhaupt gebraucht wird und ob es vielleicht besser ganz ab- als nur in Standby-Modus geschaltet werden sollte. Wenn andererseits die Daten darauf hinweisen, dass einige Maschinen eingeschaltet werden sollten, hält das System einen Einschaltcode bereit. Die gesamte Verwaltung beginnt mit der Installation, so wie sie ist, und entwickelt eine Optimierung einschließlich der sofortigen Berechnung von CO2-Einsparungen je nach Energiequelle des Stromanbieters. Dieses Team aus Santiago de Chile entwickelte den eKeeper, bei dem jeder Kunde einen tragbares Display von der Größe eines GPS erhält, auf dem alle Information abrufbar ist und das einfach über Handy oder Computer zu steuern ist.

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Die Erfahrungen von Opower und eKeeper sollen schon bald durch intelligente Stromnetze erweitert werden, in denen die Stromerzeugung aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen nicht nur durch den Anbieter, sondern direkt zu Hause oder vom Büro aus reguliert werden kann. Das neue intelligente Stromnetz kombiniert heimische Produktion und Verbrauch zugunsten echter Nachhaltigkeit. Es zeichnet allen Verbrauch auf und ergänzt die Information mit der Steuerung der Energiebeschaffung, von der Gebäudekompression (Beispiel 59) über Warmwassertanks (Beispiel 60), fließendes Wasser (Beispiel 42) Dünnfilm-Solarzellen auf Fenstern, Flatterbänder (Beispiel 12), Biogas aus Schwarzwasser und Küchenabfällen (Beispiel 51) bis hin zum Wärmetausch durch schwarze Wände (Beispiel 14). Keine dieser Energiequellen kann den ganzen Tag über für sich allein genügend Strom liefern; es wird ein intelligentes Netz benötigt, das die Verfügbarkeit dieser eher kleinen Energiequellen verwaltet. Das intelligente Stromnetz der Zukunft wird nicht nur den individuellen Verbrauch und dessen Kosten anzeigen, sondern auch die individuelle Stromquelle aus über einem Dutzend Quellen, um jederzeit die Stromversorgung sicherzustellen. Dies ist eins der Hauptmerkmale des Blue Economy Centers, das nicht nur die genannten Energien einbeziehen wird, sondern die nächste Generation intelligenter Netze nutzt.

Bilder: StockXCHNG

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