75. Poröser Asphalt
Der Markt
Der Weltmarkt für Asphalt und Bitumen erreicht 2011 voraussichtlich 124 Millionen metrische Tonnen und einen Umsatz von schätzungsweise 74,4 Milliarden US-Dollar. 1999 kostete die metrische Tonne ab Raffinerie noch 115 Dollar, 2005 lag sie schon bei 200 Dollar und diesen Sommer bei über 600 Dollar. Die Nachfrage wird bis 2013 um jährlich 2,1 Prozent steigen. Dass der Markt langsamer wächst als früher, liegt hauptsächlich am gebremsten Wachstum in China, das dennoch das welthöchste Wachstum verzeichnet. In den Entwicklungsländern wächst die Nachfrage nach Bitumen jedoch nicht zum Straßenbau, sondern eher für Dächer, die inzwischen schon 10 Prozent des Gesamtvolumens verbrauchen gegenüber 84 Prozent für Straßenbeläge. Ein kleiner Teil wird zur Abdichtung von Booten genutzt. Die Nachfrage nach Asphalt in der Dachdeckerei macht gegenwärtig nur einen kleinen Teil dieser Branche aus, daher bleiben Möglichkeiten zum Wachstum in Asien (außer Japan) und Lateinamerika. China wird nach den USA der zweitgrößte Markt für Teerdächer nach den USA.
Eine Tonne 18 Zoll starker Asphalt deckt einen Quadrat-Yard. Asphaltemulsionen und in ihren Polymeren modifizierte Asphalte gewinnen Marktanteile, während die traditionellen Asphaltzemente zurückfallen. Eine grundsätzliche Neuerung ist das Austauschen nicht porösen Asphalts, der Aquaplaning verursach, durch porösen, der für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgt. Abgesehen von den bekannten weltweit führenden Raffinerien, die multinationalen Firmen wie Exxon Mobil, BP, Chevron und Shell hat auch die lateinamerikanische Konzern Petróleos de Venezuela (PDVSA) eine dominante internationale Position inne, da eins der größten Teervorkommen der Welt im Ölsand des Orinoco liegt, etwa 300 Milliarden Barrel. Dies wird nur von den kanadischen Reserven in Alberta mit 310 Milliarden Barrel übertroffen. Wenn diese Reserven im selben Tempo wie heute verbraucht werden, können diese noch etwa 400 Jahre lang die Welt beliefern.
Die Innovation
Während Pech schon vor Jahrtausenden in den Städten von Babylon und Karthago zur Abdichtung von Schiffen und Gebäuden genutzt wurde, fand es auch Anwendung in der frühen Fotografie, da Pech auf Zinnplatten Schwarzweißbilder erzeugt, wenn es belichtet wird. Später wurde es auch zur Geräuschdämmung in Computern und Haushaltsgeräten genutzt. Zwar wird der meiste Asphalt aus tiefen Erdschichten gewonnen, doch er kann auch aus erneuerbaren Quellen wie Zucker, Molasse, Reis-, Mais- und Kartoffelstärke gewonnen werden. Heutzutage wird Bitumen größtenteils aus Erdölresten nach der Raffinerie und aus gebrauchtem Motoröl hergestellt. Sein Hauptproblem besteht darin, dass er massiv Abfälle verursacht, da die Straßenbeläge schnell verschleißen und regelmäßig neu asphaltiert werden müssen. In Europa werden gegenwärtig 80% allen Asphalts recycelt, doppelt so viel wie Papier, Glas, Plastik und Aluminium zusammen. Das Straßenbauamt der USA schätzt, dass pro Jahr 91 Millionen Tonnen Asphalt bei Bau- und Erweiterungsarbeiten von den Straßen abgetragen oder abgefräst werden. 73 Millionen Tonnen von dieser enormen Menge werden weiterverwertet. Doch diese riesigen Mengen müssen erst einmal zu den Aufbereitungsanlagen transportiert werden, was zusätzliche Staus verursacht, da das Recycling und Anmischen von 10-25% des alten Asphalts an entfernten Orten stattfindet.
Hisahi Hosokawa hat als Berufsberater des japanischen Ministeriums für internationalen Handel und Industrie (jetzt Wirtschaft, Handel und Industrie) große Dienste geleistet, u.a. als Generaldirektor des Büros für Internationale Handelsabkommen und schließlich auf Regierungsebene als Vizeminister für Internationale Angelegenheiten. Nach seiner rechtmäßigen Amtsübergabe wurde Hosokawa nicht in einen gemütlichen Posten der Industrie- oder Regierungsagentur (Amakudari) weggelobt, sondern er entschloss sich, Unternehmer zu werden. Sein großes Umweltbewusstsein ließ ihn nachdenken über die wichtigsten Industrien, in denen seiner Meinung nach bestimmte Innovationen zu mehr Nachhaltigkeit führen könnten. Angesichts der riesigen Mengen Asphalt und der Heraus-forderungen, vor denen die Industrie zur Verarbeitung dieser Abfälle aus normalem Asphalt in hochwertigere und poröse Sorten steht, gründete er ein Konsortium aus den japanischen Industrien und ein Expertenteam. Basierend auf einer bereits bestehenden Technologie perfektionierte er ein System, das nicht nur Asphalt gleich vor Ort recycelt, sondern sogar den alten Straßenbelag in höherwertigen porösen Asphalt umwandelt und so über die Untermischung von 10-25% des Altmaterials hinaus geht. Seine bewährte Technologie und Prozesse erfordert, je nach Asphaltart, die erreicht werden soll, nur die Untermischung von maximal 30 Prozent Neumaterial zur Erneuerung des Straßenbelags. Daraufhin gründete er in Tokio die Firma GreenARM Co. Ltd., um diese Lösung zu vermarkten. Hosokawa nannte seinen Ansatz zum Asphaltrecycling und andere Entwicklungen im Industriebereich „Ökofabrikation“ und grenzt die Methodologie so von der herkömmlichen Fertigung ab.
Der erste Umsatz
Hosokawa und sein Team von GreenARM sowie Prof. Atsushi Kasahara, ein prominenter Akademiker des Ingenieurwesens, der die Idee mit begründet hatte, machten schnell Fortschritte bei der Entwicklung eines Werkstattzuges und bewiesen erfolgreich die Effektivität der Technologie in einem Regierungsprojekt nach Vorabtests in Japan. Eine frühere Technologie verhalf ihnen zu einer Serie von Tests mit porösem Asphalt in Italien vor den Olympischen Winterspielen in Turin 2006. GreenARM war ebenso beteiligt an einem Großauftrag mit der Bauabteilung der Regierung des Staates Delhi (Indien) durch ein örtliches Joint-Venture zur Vorbereitung der Commonwealth Games 2010 zur Restaurierung von 820 000 m2 Belag auf städtischen Straßen. Die frühere Technologie des Recyclings vor Ort zeigte ebenfalls höhere Leistung in Zeit und Oberflächenqualität; der alte Asphalt war wieder wie neu.
Die National Highway Authority of India (NHAI) hat das Recycling in der Straßenerneuerung zur Pflicht erhoben und betont hierbei die Aufbereitung vor Ort. Der Werkstattzug erhitzt vorab die Mischung für den Oberflächenasphalt, indem er sie auf der Straße leicht aufreißt und mischt ihn an der selben Stelle neu unter Nutzung von 100 Prozent des Altasphalts mit einer geringen Menge neuen Materials. Die Technologie zur Herstellung porösen Asphalts verfügt über eine zusätzliche Einheit, die mit Asphalt überzogene Partikel nach dem Aufreißen und vor dem Mischen trennt, sowie eine Doppelanlage, die sowohl den porösen Asphalt als auch die Mörtelschicht darunter in einem Arbeitsgang aufbringt. Die Nutzung vorhandener Ressourcen ist eins der Kernprinzipien der Blue Economy; sie vermeidet Transporte und recycelt vor Ort, spart also Kosten und Materialverbrauch. In diesem Fall reduziert sich der Materialfaktor auf ein Neuntel. Somit ist genug finanzieller Anreiz für die Investition geschaffen.
Die Chance
Der Straßenbau belastet die Umwelt stark. Poröse Straßenbeläge stellen sicher, dass Regenwasser auf natürliche Weise abfließen kann. Aquaplaning ist nicht nur gefährlich für die Autofahrer, sondern verhindert auch die Selbstreinigung des Wassers in natürlichen Filtrierungsprozessen und führt zur Anreicherung mit Abfallstoffen und Giften auf der Straße und in ihrer Umgebung. Während die Hersteller von Asphalt und Bitumen einige wenige multinationale Konzerne sind, sind Straßenbaufirmen meist stark regional gebundene Firmen vor Ort. Die Neustrukturierung, die zur Umsetzung des hier beschriebenen Geschäftsmodells notwendig ist, zieht eine schnelle Entwertung der bestehenden Kapitalinvestitionen nach sich.
Da die Geräte meist eine lange Lebensdauer besitzen, stehen sie dem Wandel im Wege, vor allem, wenn sich die Maschinen noch nicht vollständig amortisiert haben. Genau hier können Unternehmer ansetzen, um etwas zu ändern. Der poröse Asphalt aus alten Straßenbelägen zusammen mit einer geringen Menge Neumaterials reduziert den Bergbau und die Transporte und erhält zudem die Wasserqualität. Hier werden neue Spielregeln aufgestellt, nach denen jeder agieren kann, der imstande ist, das Risiko abzuwägen.
Bilder: StockXCHNG
https://www.flickr.com/photos/europedistrict/4864874001
https://www.flickr.com/photos/83138106@N03/9445698140
https://www.flickr.com/photos/j_benson/14488393796
Hinterlassen Sie einen Kommentar
Wollen Sie an der Diskussion teilnehmen?Feel free to contribute!