79 Lernspiele mit eigener Stromquelle
Dieser Artikel stellt ein Lernspiel vor, eine von 100 Innovationen im Rahmen von „The Blue Economy”. Dies ist Teil einer breit angelegten Bewegung für mehr Unternehmertum, Wettbewerb und Arbeitsplätze.
Der Weltmarkt für Lernspiele (Edutainment) hat 2010 5,5 Milliarden US-Dollar erreicht und sich damit in nur fünf Jahren verdreifacht. Ein Viertel aller Spielzeuge werden in den USA verkauft. Dieser Sektor wächst auch weiterhin schnell, da der Kostenpreis für Elektronik weiter fällt. Zudem treiben die Eltern den Markt an, indem sie immer mehr Wert auf den pädagogischen Aspekt von Spielzeugen und –geräten legen. 30 Prozent aller Babys in der OECD sind von gutsituierten Müttern, für die die Bildung ihrer Kinder oberste Priorität hat, daher werden die Verkäufe in Zukunft weiter steigen. Dieser Trend zeichnet sich weltweit ab, doch die Eltern in Asien übertreffen alle anderen in ihrer Bemühung um die Intelligenz ihrer Nachkommenschaft, vor allem in Nationen wie Korea, China und Vietnam, frei nach der Lehre des griechischen Philosophen Platon, der in seinem Standardwerk Gesetze formuliert: „Wir sollten lernen, Kinderspiele so zu gestalten, dass ihre Vergnügungen und Wünsche auf Aktivitäten ausgerichtet werden, die sie ausüben sollen, wenn sie erwachsen sind.“
Die Spielzeughersteller haben ihre Produktpalette erweitert und Edutainment für Babys ab einem Alter von 9 Monaten entwickelt. Nintendo, Playstation und Xbox haben den Markt zunächst mit simplen Spielen ohne jeglichen Lernwert durchdrungen. Inzwischen geben die Entwickler von Inhalten für diese Hardware, z.B. Electronic Arts Inc. (USA) Milliardenbeträge für Forschung und Entwicklung von Produkten in der Branche der elektronischen Spiele aus, die im Durchschnitt bessere Margen aufweisen als Spielzeug der Marke Disney oder Pixar. Da berufstätige Mütter mehr als doppelt so viel Zeit auf die Erziehung ihrer Kinder aufwenden wie berufstätige Väter (48 bzw. 19 Prozent), anstatt ihre berufliche Karriere weiterzuentwickeln, haben sie den größten Einfluss auf den Inhalt der Bildung und der Spielzeuge.
Das meistverkaufte Lernspiel der jüngsten Geschichte ist „Rubik’s Cube“, das vom ungarischen Bildhauer und Architekturprofessor Erno Rubik erfundene dreidimensionale Puzzle. Bis Ende 2011 wurden fast 400 Millionen „Zauberwürfel“ auf der ganzen Welt verkauft. Die Firma LEGO hingegen bietet bunte zusammensteckbare Plastikbausteine, die zu Fahrzeugen, Brücken und sogar Robotern verbaut werden können. Das Spielkonzept hat 1932 der Däne Ole Kirk Christiansen erfunden; er stellte Holzspielzeug her, mit dem man „gut spielen“ konnte (dän. „leg godt“). Bereits 1947 stellte die Firma auf Plastik um, damit die Bausteine sich leichter zusammenstecken ließen. In den ersten 50 Betriebsjahren hat die LEGO-Gruppe eigenen Schätzungen zufolge über 400 Milliarden Bausteine verkauft. Jedes Jahr stellt der Konzern 360 Millionen kleiner Gummiräder her und kann somit als weltgrößter Reifenproduzent gelten. Doch dies ist nur ein Prozent der 36 Milliarden Einzelteile, die pro Jahr die Werke verlassen und 2010 rund 2,8 Milliarden Euro an Verkäufen erwirtschafteten. Außerdem verkauft LEGO Spiele, Videos und betreibt sogar Vergnügungsparks.
Experten zweifeln, ob es sinnvoll ist, Kinder in sehr frühem Alter zum Lernen anzuhalten, wenn sie noch ein hohes Spielbedürfnis haben. Einige Akademien behaupten, ein Pappkarton, ein Puzzle und ein Satz Bauklötze habe genauso viel Lernwert wie ein Programm am Tablet-PC. Dann gibt es noch Videospiele, die Spaß mit Bildung verknüpfen wie Sim City. Doch noch bilden Video-Lernspiele nur ein sehr kleines Segment auf dem Markt. Eine innovativere Idee sind essbare Spielzeuge für Kleinkinder. Da inzwischen die traditionelle Erziehung mehr und mehr von der Elektronik durchdrungen wird und Kinder den Umgang mit Computern und Tablet-PCs anders lernen als Erwachsene, bleibt die große Frage: Wann und wie sollen Kinder den Umgang mit Elektronik erlernen?
Jordan McRae ist geborener Erfinder und begeisterter Taucher. Sein Traum ist es, Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien, sauberen Wassers und der Schutz der Meere durchzusetzen. Ihm zufolge liegen de größten Herausforderungen der Welt in diesen drei Bereichen. Nach seinem Studium am MIT (Massachusetts Institute of Technology) sucht er nach einfachen, nachhaltigen und skalierbaren Lösungen. Er baute ein weltweites Netzwerk von Entwicklern und Erfindern auf, die seine Leidenschaft teilen und lernte schnell durch Zusammenarbeit mit Partnern aus aller Welt, u.a. Hong Kong, Guatemala und Frankreich. Mit Shawn Frayne (Beispiel 12) arbeitete er an der Flutter-Technologie – die sich noch in Entwicklung befindet – in der Hoffnung, dass diese eines Tages ohne Metallbauteile auskommen wird. Ebenfalls dachte er auf Lernplattformen über elektronische Systeme nach, die ausschließlich durch Solarenergie betrieben werden. Sein Wunsch war es, ein Gerät ohne Drähte oder Lötverbindungen zu entwerfen – ein System, das einfach durch Drehen verändert werden könnte. Dies klingt nach einer Mischung aus Lego und Rubik’s Zauberwürfel mit ständig verfügbarem Solarantrieb.
Jordan und sein Team erfanden B-Squares, ein seltsamer Markenname für ein dreidimensionales Gerät. Ebenfalls kursiert ein etwas anspruchsvollerer Name: „Solarduino“. Es besteht aus (1) einem Arduino-Quadrat, d.h. einem Open-Source-Mikrocomputer, der die Entwicklung von Computersoftware ermöglicht und diverse elektronische Hardware für Prototypen einschließt; (2) einem Solar-Quadrat, das Energie aus Licht erzeugt, (3) einem Quadrat mit drei weißen und farbigen LEDs und (4) einem Batterie-Quadrat zur Energiespeicherung. Jedes Quadrat besitzt magnetische Kontakte an den Ecken, die aneinander haften und gleichzeitig elektrische Signale und Strom übertragen. So können die Quadrate schnell zusammengefügt und durch Drehen die Kombination verändert werden. Durch kleine Saugnäpfe haften die B-Squares an Fenstern und Wänden. Hier dienten Geckos als Inspirationsquelle, die seit Jahrtausenden ohne Klebstoff an den Wänden entlang klettern. Das Set besteht aus einzelnen Bauteilen und ist beliebig erweiterbar. Somit ist dieser vielseitige Ansatz, eine praktisch erfassbare Lernplattform für überall erhältliche Elektronik, typisch für den Innovationsgeist der Blue Economy.
Jordan und sein Team arbeiten schnell. Eine erste Skizze brachte das Projekt im Januar 2011 zum Laufen. Drei Monate später war ein vielseitiges, leicht zu tragendes und einfaches Spielzeug mit integriertem Solarbetrieb für Hobbytechniker, Schüler und viele mehr fertig. Ein unabhängiger Test mit zweijährigen Kindern bewies schnell, dass sie in nur 10 Minuten verstanden, wann und wie die Lichter an- oder ausgehen und wie sie die Farbe wechseln. Dies war zwar eine brillante Idee, doch das Geld war knapp.
Jordan und Shawn wandten sich an Kickstarter, eine Fundraising-Plattform für kreative Projekte, und fanden 1100 Unterstützer in einem Monat, die eine Summe von 145 000 Dollar durch Vorabkäufe ihrer Erfindung bereitstellten. Das Interesse war überwältigend und nun gab es genug Mittel durch Vorabkunden statt von Investoren. Das Team hatte Zeit, die Entwürfe auszufeilen und zu verbessern. Der Betriebsbeginn mit tausend Kunden, die die ersten Gelder bereitstellen und so Bankkredite und Finanzierungen durch Investoren überflüssig machen, bedeutet für die Erfinder, dass sie mit großer Unabhängigkeit ihr Vorhaben vorantreiben können und durch ihren Cashflow die meisten Start-Ups übertreffen können. Wer ab dem ersten Tag Gewinne erwirtschaftet, hat nicht nur eine herausragende Technologie, sondern kann auch die Spielregeln auf dem Gebiet der Innovation verändern.
B-Squares sollen jeden mit der Funktionsweise elektronischer Geräte vertraut machen und inspirieren, eigene Geräte durch ihre Einsatzmöglichkeiten zu entwickeln. Die B-Squares sind weder für Menschen mit zwei linken Händen im Technikbereich noch für Tüftler, die bereits vertraut im Umgang mit Elektronik sind. Sie bieten zusätzliche Möglichkeiten und Funktionsweisen für herkömmliche Elektronikprodukte, indem sie spielerisch den Erfindergeist mobilisieren. Die Quadrate können schnell kleinere mit Gleichstrom betriebene Geräte mit Solarstrom betreiben.
All diese Gleichstromapparate können ohne Trafo mit LED-Leuchten verbunden werden. Jedes Ladegerät für Handy, Tablet oder Laptop kann durch eine Reihe von Quadraten ersetzt werden, über einen Bewegungsmelder kann Licht ein- und ausgeschaltet werden oder ein Piepton erzeugt werden, wenn sich ein Fenster öffnet oder schließt. Die B-Squares ersetzen kein anderes Gerät, doch sie schaffen neuen Nutzen und ermöglichen es jedem, seine Elektronikgeräte beliebig anzupassen. Somit besitzen sie ein unbegrenztes Potenzial.
Bilder: Stock.XCHNG, B-squares
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