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Stroh - der nächste ökologisch-innovative Trendsetter

Dieser Artikel diskutiert Verwendungsmöglichkeiten für Stroh und geht dabei besonders auf den derzeitigen Stand der Technik ein. Es handelt sich dabei um eine der vielen Innovationen, die die Blue Economy bestimmen und Teil einer breiten Entwicklung für ein positives Gleichgewicht zwischen Mensch, Wirtschaft und Natur ausmachen.

Von Markus Haastert, Anne-Kathrin Kuhlemann

Hintergrund: Biomasse und natürliche Ökosysteme

Die Anstrengungen für eine Verringerung der Auswirkungen Schaden verursachender Aktivitäten des Menschen müssen weiter forciert werden. Die EU hat betont, dass Innovation nicht immer nur neue Materialien betrifft, sondern auch das Finden neuer Ansätze bei „alten“ Rohstoffen. Kann man sich vorstellen, dass Stroh, einer der am wenigsten genutzten Abfälle aus der Landwirtschaft, eine führende Rolle in der Energiegewinnung und Bauwirtschaft der Zukunft spielt? Wenn, dannkönnte der globale Treibhausgasausstoß bis 2050 um 20% zurückgehen, wodurch das Risiko einer weiteren Degradierung der Umwelt vermindert würde. Der im Trend liegende innovative und nachhaltige Gebrauch von Stroh könnte daher Teil einer herbeigesehnten Entwicklung sein.

Unsere Ökosysteme liefern reichlich natürliche Abfallbiomasse aus der Veredelung von Wald, Holz und Agrarprodukten. Während der Kompostierung wird dieser organische Abfall in wertvolle Nährstoffe verwandelt. Durch die Akkumulation von organischem Material verbessert sich die Qualität der Böden insgesamt.So hat die Kompostierung äußerst positive Auswirkungen für zum Beispiel die Agrarwirtschaft, da sie die Nährstoffe für das Pflanzenwachstum bereitstellt. Darüber hinauswerden während der Kompostierung sowohl Unkrautsamen als auch pflanzliche und menschliche Pathogene zerstört. Um die Erde mit Nährstoffen anzureichern und einen stabilen Kompostierungsprozess zu erzeugen, werden Strohrückstände aus der Agrarwirtschaft oft der Kompostierung zugeführt. Stroh ist besteht überwiegend aus Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Diese Bestandteile geben Pflanzen Stabilität und Haltbarkeit und sind weitestgehend zerfallsresistent. Wenn lokale Vorschriften Erosions- oder Konzessionen zur Bodenqualitätskontrolle erfordern, reichern Landwirte ihre Böden mit 1 bis 2% Strohhäcksel an und machen sich diese zerfallsresistenten Pflanzenkompoenten zu Hilfe um Erosion vorzubeugen (Brewer et al, 2013).

Weltweit gibt es einen enormen Überschuss an ungenutztem Strohabfall. China allein produzierte in 2005 mehr als 620 Milliarden Tonnen Stroh. Dabei führt das Land die Liste der größten Produzenten von Stroh- und Reisstrohabfall an, dicht gefolgt von Indien und denVereinigten Staaten (Mantanis et al, 2000). Aufgrund des Überschusses bietet sich die Verwendung von Stroh zur zum Beispiel der Energiegewinnung an, da es zum Umweltschutz beiträgt und die nachhaltige Entwicklung einer ständig wachsenden Wirtschaft fördert. (Zeng & Ma, 2005)

Es gibt Landwirte welche die Produktion von Stroh als Risiko betrachten, da die Halme bei Sturm oder starkem Wind brechen können. Daher wurden Arten mit kürzeren Halmen entwickelt, um eine maschinelle Ernte zu erleichtern und gleichzeitig die Gefahr von Ernteausfällen durch Windbruch zu verringern. Langhalmiges Stroh, das Hagel ausgesetzt war, brach bei starkem Wind schneller und ist außerdem anfälliger für Krankheiten. (Paulsen, 1997). Landwirte ziehen daher kurzhalmige Getreidesorten vor, was auch dazu führt, dass weniger Biomasse als Abfall anfällt. Dadurch nimmt die Menge an Strohabfall konstant ab, was sich indirekter Weise negativ auf die Umwelt auswirkt.

Uns allen ist Stroh als Beiprodukt aus der Agrarwirtschaft bekannt: die trockenen Halme, die nach dem Dreschen auf dem Feld oder Hof zurückbleiben. Sie machen circa die Hälfte der Gesamtmasse beim Getreideanbau, wie Hafer, Roggen, Gerste usw. aus. Nach der Ernte werden sie gesammelt und in Strohballen gepresst. Es mag überraschen, dass dieses Beiprodukt, obwohl ihm für gewöhnlich kein großer Wert beigemessen wird, für eine ganze Reihe von Produktionsketten eingesetzt werden kann. Darunter vor allem die Energiegewinnung und die Bauindustrie.

Innovation: Vom Nahrungsmittel zu kohlenstoffnegativen Gebäuden

Der historische und auch moderne Gebrauch von Stroh mag durchaus überraschen. Wir kennen Stroh als ballaststoffreichen Tierfutterzusatzfür Rinder und Pferde. Es kommt in der Korbmacherei zum Einsatz, als Rohstoff zur Herstellung von Bienenkörben, Wäschekörben und als Streu für die Viehhaltung. Auch Strohmatratzen, sogenannte Palliassen, werden nach wie vor in vielen Teilen der Welt gebraucht. Der positive Effekt, den Stroh auf die Gesundheit hat, ist auf das in ihm enthaltene Silikat zurückzuführen, welches besonders in Roggen und Reis vorkommt. Silikat in seiner Form als Silikonkarbid (SiC) findet Verwendung in den verschiedensten Industrien, von Elektrotechnik bis Schmuckproduktion. Stroh selbst wird eingesetzt in der Erosionskontrolle auf Baustellen, zur Hutherstellung, für Gurkenhäuser, beim Anbau von Pilzen, in Bodenlockerungsmischungen, für Seile, Schuhe, insbesondere für die koreanischen Jipsinsandalen, zur Herstellung von biologisch abbaubaren Verpackungen und in der Papierherstellung.

Darüber hinaus wird Stroh auf der ganzen Welt als sicherer, energieeffizienter und nachhaltiger Rohstoff für die Bauindustrieverwendet. Das Material ist lokal verfügbar und bietet eine kostengünstige und nachhaltige Alternative zu teuren und umweltschädlichen Baustoffen. In der Volksrepublik China liegt es im Trend, Häuser und öffentliche Gebäude aus Reisstrohabfall zu errichten. So gab es im Jahr 2005 bereits 600 dieser Häuser, welche insbesondere mit Blick auf die Umweltverträglichkeit erstaunliche Vorteile aufweisen. Sie reduzieren den Kohleverbrauch und den CO2 Ausstoß drastisch, verringern das Risiko von Atemwegsinfektionen, sind erdbebenresistent, uvm.

Strohpannel

In Litauen ist das Ecococon-Strohpaneel ein gutes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Stroh in der Bauindustrie. Die Paneele sind aus gepresstem Stroh gefertigt und werden von einem Holzrahmen zusammengehalten. Nach dem Überzug mit einer wasserabweisenden Schicht werden sie wie gewöhnliches Mauerwerk verputzt. Die Häuser sind für einenjahrzehnte-, ja jahrhundertelangen Gebrauch geeignet. Die Bauweise erfordert keinen Beton oder den Einsatz von schweren Baumaschinen. Wird das Haus nicht mehr gebraucht, kann es einfach abgetragen und die Baumaterialien der Wiederverwertung zugeführt werden. Damit kommt es nicht zu der Umweltbelastung die mit dem Abbruch von Ziegelhäusern Hand in Hand geht, was zu einer gesünderen Umwelt beiträgt.

Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Anwendung findet sich in der englischen Stadt Bradford, wo ein ganzer Business Park aus Stroh errichtet wurde. Der Inspire Bradford Business Park besteht aus zwei Gebäuden mit einer Gesamtfläche von 2.800 qm und bietet Räumlichkeiten für gemeinschaftliche Räume, Werkstätten, Büros und ein Café. Damit ist der Park momentan Europas größter Strohkomplex. Er wurde in Übereinstimmung mit nachhaltigen Prinzipien gebaut und entspricht den Energieeffizienzwerten der Building Research Establishment Environmental Assessment Method.

Die Bedeutsamkeit des Potenzials von Stroh als Baustoff der Zukunft ist enorm. So unterstützt beispielsweise die EU das EUROCELL-Projekt mit €1,6 Mio. aus ihrem Competitiveness and Innovation Programme(CIP). Das Projekt richtet sich an die Ausarbeitung eines Zertifikats für den Strohpaneelbau was als Basis für die Marktentwicklung und die öffentliche Akzeptanz dieser Baumethode dienen soll. Es ist wichtig hervorzuheben, dass Modcell als Partner an diesem Projekt beteiligt ist. Modcell ist einer der ersten Produzenten welcher kohlenstoffnegatives Bauen kommerziell und in nennenswertem Ausmaß betreibt. Bei der Herstellung des Strohball- und Hanfpaneels bedient sich das Unternehmen insbesondereden hervorragendenisolierenden Eigenschaften dieser Rohstoffe. Damit wird der Bau von super-isolierten, hochleistungsfähigen Niedrigenergiehäusern mit erneuerbaren, kohlenstoffbindenden und lokal verfügbaren, nachhaltigen Ressourcen möglich gemacht.

Potenzial: Energiequelle

Die meisten ökologisch orientierten Entwicklungsagenturen der Welt experimentieren derzeit mit Stroh als Treibstoff im Energiemix der Zukunft. In Deutschland sind die Forschungsergebnisse des TLL (Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft), des DBFZ (Deutsches Biomasseforschungszentrum) und des UFZ (Helmholtz Zentrum für Umweltforschung) vielversprechend.

Die Studie geht davon aus, dass von insgesamt 30 Millionen Tonnen jährlich anfallenden Getreidestrohs zwischen 8 und 13 Millionen Tonnen für die Herstellung nachhaltiger Energie oder Biotreibstoffegenutzt werden könnten. Das unterstreicht zweifellos die Rolle, die Stroh als Quelle für erneuerbarer Energie spielen könnte. Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass man 1,7 bis 2,8 Millionen Haushalte mit Elektrizität versorgen könnte bzw. 2,8 bis 4,5 Millionen Haushalte beheizen könnte.

Insgesamt tut sich also eine potenzielle energie- und umweltschonende Alternative zur derzeitigen Energieproduktion auf. Stroh könnte die steigenden Nachfrage für Elektrizität, die bis 2025 auf ein Niveau 2,7 mal höher als 2015 anwachsen soll, zum Tel bedienen. In Zukunft müssen 90% der Energie aus nicht fossilen Quellen gewonnen werden. Durch ein simples Umrüsten von Kohlekraftwerken könnte man dort Stroh als Energiequelle nutzen.Klingt das wie ein Sisyphusprojekt?

Die Eigenschaften von Stroh sind so vielfältig, dass die Nachfrage an diesem Rohstoff in Zukunft zunehmen wird. Daher muss der Trend weg von der Kurzhalmigkeit und hin zu Langhalmigen Getreidesorten gehen. Wissenschaftler, die sich damit beschäftigen winter-, wind-, sturm- hagelresistente Arten zu entwickeln, gibt es viele (Limagrain Cereal Seeds, 2010). Es beibt zu hoffen, dass sie den Fokus dabei auf stärkere Halme richten. Es werden immer wieder Weizensorten entwickelt, die in den Vereinigten Staaten durch das NVT (National Variety Trials Project) und das DAFWA (Department of Agriculture and Food) getestet werden (Shackley et al, 2014). Dabei ist die Entwicklung von Sorten mit längeren Halmen und größerer Resistenz und Widerstandskraft wünschenswert. In Kombination mit traditionellen Anbaumethoden, wie dem Einsatz von Hecken an Feldrändern, wäre so eine Verfügbarkeit von Stroh auch bei steigender Nachfrage gewährleistet.

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Stroh kann nicht nurals nachhaltiger Treibstoff im globalen Energiemix ein Beitrag zu Emissionsreduktionen leisten, sondern auch den mit der Bauindustrie einhergehenden Umweltschäden entgegenwirken. Diese Art der Verwendung von Stroh ist innovativ und umweltfreundlich und stellt eine neue Phase in der Öko-Erfindung dar. Neben des Beitrags zum Umweltschutz bietet sich die Verwendung von Stroh aus folgenden Gründen an: es ist verlässlich, nachhaltig, leicht transportabel, kostengünstig, kann lange gelagert und flexibel eingesetzt werden. Daher bietet Stroh eine Alternative mit großem Potential um den globalen Bedarf nach sauberer Energie zu decken und wird daher zu einer der wichtigsten Rohstoffe für die Öko-Innovationen der Zukunft.

Quellenangaben

Brewer, L., Andrews, N., Sullivan, D., & Gehr, W. (June 2013). Agricultural composting and water quality (EM 9053). Oregon State University Extension Service. Verfügbar unter

http://ir.library.oregonstate.edu/xmlui/bitstream/handle/1957/39040/em9053.pdf


Paulsen, G. (May1997). Growth and development. Wheat production handbook. Kansas State University Agricultural Experimental Station and Cooperative Extension Service. Verfügbar unter

http://www.caes.uga.edu/commodities/fieldcrops/gagrains/documents/c529.pdf


Mantanis, G., Nakos, P., Berns, J., & Rigal, L. (2000). Turning agricultural straw residues into value-added composite products: a new environmentally friendly technology. Verfügbar unter:
http://users.teilar.gr/~mantanis/research.files/G1.pdf

Shackley, B., Zaicou-Kunesch,C., Dhammu, H., Shankar, M., Amjad, M., Young, K. (2014). Wheat variety guide for WA. Grains Research & Development Corporation. Verfügbar unter:

http://www.nvtonline.com.au/wp-content/uploads/2014/03/WA-wheat-variety-guide-2014-for-web1.pdf


Limagrain Cereal Seeds (2010). What we do. Breeders & development of varieties of wheat. Verfügbar unter:
http://www.limagraincerealseeds.com/what-we-do


Zeng, X. & Ma, Y. (2005). Utilization of straw in biomass energy in China. Thermal Energy Research Institute, Tianjin University, Tianjin 300072, People’s Republic of China doi: 10.1016/j.rser.2005.10.003

Hedgegrows, ditches and open drains are designated as landscape features for the purpose of the single payment scheme. Department of Agriculture, Food and the Marine (Ireland). Verfügbar unter:

https://www.agriculture.gov.ie/media/migration/farmingschemesandpayments/crosscompliance/landscapefeatures/Hedges%20and%20drains%2012%2008%2009.pdf

Economics and funding SIG (June 2007). Valuing the benefits of biodiversity. Verfügbar unter:
http://archive.defra.gov.uk/environment/biodiversity/documents/econ-bene-biodiversity.pdf

Healthy Garden Workshop Series, maximizing your harvest. United States Department of Agriculture. Verfügbar unter:

http://www.usda.gov/documents/Companion_Planting_and_Harvesting_Workshop_Handout.pdf

http://www.renewableenergyworld.com/rea/news/article/2013/10/is-straw-germanys-next-big-energy-resource

http://ec.europa.eu/environment/ecoap/about-eco-innovation/policies-matters/eu/20130409-houses-built-of-straw_en.htm

http://www.alchimag.net/portale/2014/03/10/modcell-straw-technology-the-eco-innovate-european-research/

http://www.inspirebradford.com/content/news/europe%E2%80%99s-largest-straw-bale-buildings-take-shape-inspire-bradford-business-park

http://www.worldhabitatawards.org/winners-and-finalists/project-details.cfm?lang=00&theProjectID=292


Fotos (Quellen):

https://www.flickr.com/photos/zunami/2749249152/

https://www.flickr.com/photos/usdagov/8369765859

https://www.flickr.com/photos/svenikolov/6050882756/

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Blaue Innovationen

Zurzeit werden all die “Blauen Ideen” welche wir auf der Blue Economy website präsentieren erneuert.

Viele sind mittlerweile mehr als vier Jahre alt und wir wollen aufzeigen wie viel Fortschritt in der Zwischenzeit gemacht wurde. So können wir die Entwicklungen der Märkte und Forschungslandschaft noch besser reflektieren.

Zusätzlich werden wir die Beschränkung auf 100 Ideen aufbrechen und kontinuierlich neue Innovationen vorstellen und veröffentlichen.
Damit wollen wir heute direkt anfangen und Ihnen die erste neue Innovation vorstellen. Es handelt sich um eine Analyse des großen Potentials und die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten des Agroindustrieabfallproduktes Stroh.

Wir hoffen Sie mit wertvollen Einblicken und Informationen zu motivieren und inspirieren.
Wenn Sie eigene Ideen haben, oder der Meinung sind gute Beispiele zu kennen welche die Blue Economy Stiftung veröffentlichen kann, lassen Sie es uns wissen.
Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge und Ideen.

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Blumentopfheizung

1. Hintergrund

 

Anfang Dezember und es wird immer kälter. Selbst mit den dicksten Wollpulovern friert man in der eigenen Wohnung und durch steigenden Energiepreisen steigt auch die Abneigung gegen das Einschalten der Heizung. Tatsächlich hat die deutsche Verbraucherzentrale geschätzt das die deutsche Durchschnittsfamilie in 2013 rund € 5100 für Benzin, Strom und Heizung ausgeben musste, was einen Anstieg von 34 % seit 2008 ausmacht1. Die Durchschnittskosten um eine 70 Quadratmeter große Wohnung zu Heizen lag in 2013 zwischen € 970 und € 1052 2. Verglichen mit den Kosten die man für die gleiche Wohnung in 2011 zahlen musste, haben sich die verschiedenen Wärmeenergieträger verteuert: um + 7,7 % für Gas, + 11,2 % für Öl und + 9,6 % für Fernwärme. Aus diesen Zahlen ist auch ersichtlich das die Heizkosten entscheidend von der Energietragenden Ressource abhängen. So müssen Haushalte die mit Öl heizen etwa 20 % mehr ausgeben als jene deren Heizenergieträger Gas ist3. Mit der stetigen Verknappung fossiler Energieträger wie Kohle, Gas und Öl, steigt der Preis für Energie jährlich weiter an.

Dies erhöht nicht nur den Kostendruck für Hausbesitzer und Mieter, sondern kann zusätzlich eine Beeinträchtigung der Gesundheit mit sich bringen. Insbesondere in England ist der Begriff fuel poverty (Treibstoff Armut) bekannt und tritt jedes Jahr zur kalten Jahreszeit medial auf. Menschen die einfach nicht in der Lage sind ihre Nebenkosten zu zahlen, wird Ihnen Strom und Heizung einfach abgestellt, ein Umstand der sich insbesondere im Winter negativ auf die Gesundheit dieser Menschen auswirkt4.

 

Allerdings gibt es auch andere Komponenten welche sich auf die Heizkosten eines Haushaltes auswirken. Am wichtigsten natürlich die Eigenschaften der Isolierung. Je mehr Wärme im Haus bzw. in den Wänden gespeichert werden kann um so geringer wird auch die Heizkostenabrechnung sein. Mit einem fundierten Verständnis über die Materialien und Investitionen in die Isolierung eines Hauses lässt sich den steigenden Energiekosten entgegenwirken und sogar der ein oder andere Cent sparen.

 

2. Möglichkeit

 

Wichtiger Bestandteil vom einsparen von Energie ist es die Materialien für die Isolierung zu verstehen. Die wichtigsten Eigenschaften welche diese erfüllen muss sind zum einen die warmen Innenräume von der kalten Luft von außen (oder andersherum) zu schützen, Wärme in den Wänden zu speichern und gleichzeitig Atmungsaktiv zu sein um eine Schimmelbildung zu verhindern. Ton ist eine der ältesten Baumaterialien und hat all diese Eigenschaften. Zusätzlich ist er problemlos Verfügbar, günstig und ein vollständig natürliches Produkt. Er kann zu Backsteinen gebrannt oder als Putz genutzt werden. Im Gegensatz zu Betonsteinen haben Tonsteine eine geringer Wärmeleitfähigkeit und somit eine bessere Speicherwirkung5. Darüber hinaus sind Häuser die aus Tonsteinen gebaut werden beständiger und geben ein besseres Raumklima ab6. Traditioneller Putz aus Ton und Faserigen Materialien (z.B. Stroh) kombinieren thermische Vorteile mit Atmungsaktivität und sind somit eine effiziente und günstige Alternative zu jenen die auf Zement basieren.

Für die Konstruktion neuer Gebäude lohnt es sich also sich über die Vorteile von Ton als Baustoff bewusst zu sein und ihn in Erwägung zu ziehen. Um die fantastische Wärmehaltungskapazität zu veranschaulichen haben wir auch diese Woche wieder ein schönes Do-it-Yourself Projekt. Die Blumentopfheizung.

 

3. Do-it-Yourself – Blumentopfheizung

 

Es gibt ein paar generelle Vorteile der Blumentopfheizung zu denen insbesondere das Einsparen von Energie und Treibstoff und somit sogar des ein oder anderen Cents zählt. Sie bietet eine Möglichkeit Energie zu erzeugen ohne an ein Versorgungsnetz angeschlossen zu sein, und benötigt dank der Wärme speichernden Eigenschaften des Tons nur eine kleine Energiequelle. In Kombination mit der Einfachheit und Größe ist die Blumentopfheizung eine schöne alternative Wärmequelle. Wenn auch nicht zum Heizen eines ganzen Hauses geeignet, so kann sie zumindest bei allen möglichen Outdooraktivitäten ein wenig wärme spenden: zum Beispiel beim Campen, im Winter auf der Terrasse oder in einer kleinen Gartenhütte.

Neben dem Heizaspekt kann die Blumentopfheizung auch dazu genutzt werden um Tee warm zu halten, oder aber ähnlich wir die arabische Tajine oder der Römertopf zum kochen genutzt werden.

 

Diese do-it-yourself Projekt verbindet praktisches Arbeiten mit natürlichen Materialien mit der Vermittlung von einfachen physikalischen Gesetze und eignet sich daher hervorragend für Kinder und Jugendliche.

 

Hier ist eine Liste mit den Materialien die benötigt werden.

 

3 x Terrakotta Blumentöpfe (nicht glasiert, verschiedene Größen)

1 x Gewindestange oder Schraube ca. 15 cm lang und 2 cm Durchmesser (abhängig vom Topf)

6 x Muttern passend zum Gewinde

6 x Unterlegscheiben

2 x Teelichter

 

Nun müsst ihr die Teile wie in der Grafik gezeigt zusammenfügen.

Die Muttern und Unterlegscheiben werden als Abstandhalter genutzt und um die Töpfe an der Stange zu befestigen. Steckt die Töpfe ineinander und achtet darauf zwischen den Töpfe einen Abstand von ca. 2-3cm zu haben. Darüber hinaus darf keiner der inneren Töpfe über den Rand des jeweils äußeren herausragen. Zum Schluss dreht ihr das ganze Konstrukt um und stellt es auf einen Wärmebeständigen (möglichst Feuerfesten) Untergrund, stellt die Kerzen drunter und wartet bis es warm wird.

potheater

Für mehr Informationen und Erklärungen könnt ihr euch hier Videos angucken.

Es gibt auch noch weitere Bauanleitungen:

http://www.permaculture.co.uk/readers-solutions/heat-your-room-1-candle-plus-flowerpots-nuts-and-washers

https://h0rusfalke.wordpress.com/2013/12/09/zimmer-heizen-fur-10-cent-am-tag/

https://www.flickr.com/photos/a1930ford/sets/72157643401314065/

ACHTUNG: DIE TÖPFE KÖNNEN SEHR HEIß WERDEN; BITTE MIT VORSICHT BEHANDELN!

 

1http://www.heizspiegel.de/heizspiegel/bundesweiter-heizspiegel/

2http://www.heizspiegel.de/heizspiegel/bundesweiter-heizspiegel/

3http://www.heizspiegel.de/heizspiegel/bundesweiter-heizspiegel/

4http://www.itv.com/news/2014-11-06/tonight-fuel-poverty-and-its-effect-on-our-health/

5http://www.westerngranite.co.za/technical-information-comparison.php

6http://www.property24.com/articles/clay-bricks-offer-many-benefits/13301

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Subventionierung fossiler Energieträger

Diese Woche beschäftigen wir uns mit der Behauptung, dass erneuerbare Energien zu teuer sind um erfolgeich zu sein. Das in London basierte Overseas Development Institute (Institut für Überseeentwicklung) hat diesen Monat einen Bericht veröffentlicht, der einen wichtigen und oft vernachlässigten Aspekt untersucht. Die staatliche Förderung von Erkundungsvorhaben fossiler Rohstoffe ist einer der Gründe, warum erneuerbare Energien es schwer haben im Wettbewerb mit konventionellen Energien. Der Report beschreibt, dass G20 Staaten jährlich $ 88 Milliarden nur für die Erkundung von fossilen Rohstoffen ausgeben. Dies entspricht der doppelten Menge, welche die 20 gößten Energieunternehmen jährlich dafür ausgeben. Weltweit werden Fossile Energieträger mit rund $ 758 Milliarden jährlich subventioniert, während nur etwa $ 100 Milliarden für Erneuerbare Energien ausgegeben werden. Durch die Subventionierung von Öl, Gas und Kohle Erkundungen handeln Regierungen auch direkt entgegen der nachdrücklichen Empfehlung des IPCC. Dieser weist in seinem neuen Bericht darauf hin, dass auch die schon erkundeten Ressourcen im Boden verbleiben müssen, um CO2 Emissionen einzusparen und Klimaschutzziele einzuhalten.

Die drei Länder mit dem höchsten Anteil an der Subventionierung von Erkundungsvorhaben sind das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten und Australien. Der Bericht des ODI zeigt deutlich, dass die Energieversorgung aus fossilen Brennstoffen nicht ohne Subventionierung auskommt. Mit einer stetigen Verknappung dieser Ressourcen steigt auch deren Preis immer weiter an, was steigende Kosten für die Subventionierung mit sich bringen wird. Statt stark Treibhausgas ausstoßende und immer teurer werdenede Technologien zu subventionieren, sollten Regierungen erneuerbare Energien fördern. Dies ist nicht nur nötig um Emissionen einzusparen und Unabhängigkeit von Importen fossiler Rohstoffe zu erlangen, sondern auch um faire Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zu etablieren. Subventionen müssen mindestens gleich verteilt und für alle Energiequellen bereitgestellt werden.

Die Energiewende kann jedoch nur gelingen, wenn Regierungen die Instrumente die ihnen zur Verfügung stehen nutzen um diesen Wandel voran zu bringen. Es ist die Pflicht der Regierungen ein klares Signal zu setzen und einen stabilen Markt zu etablieren, der private Investitionen in erneuerbare Energien fördert. Dies braucht Klarheit, Transparenz und Konsistenz in der Planungsphase als auch in der Gestaltung von Rahmenbedingungen.

Fossile Energieträger zu subventionieren ist kontraproduktiv, wenn Regierungen tatsächlich daran gelegen ist Emissionen zu reduzieren und erneuerbare Energien zu fördern. Dementsprechend muss das Geld aus diesen Subventionen in den Energiewandel investiert werden.

Für den vollständigen Bericht des ODIs bitte hier klicken.

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99 Ionenmotoren - Eine Idee, die funktioniert

Dieser Artikel stellt Innovationen für den Antrieb von Raumfahrzeugen vor, die auf die „Blue Economy“ auf der Erde übertragen werden könnten. Dies ist eine von 100 Innovationen im Rahmen von „The Blue Economy” und Teil einer breit angelegten Bewegung für mehr Unternehmertum, Wettbewerb und Arbeitsplätze. In diesem Fall ist es ein Aufruf zu kreativen Lösungen für die Herausforderungen an unsere Gesellschaft auf der Grundlage des wissenschaftlichen Fortschrits. Dies ist der vorletzte Artikel dieser Reihe, ein visionäres, bisher nicht umgesetztes Beispiel, das es uns ermöglicht, Lösungen über das Offensichtliche hinaus zu finden, auf die uns eine sehr junge Wissenschaftlerin hinweist.

Der Markt

Der Weltmarkt für Weltraumfracht wird für 2012 auf 100 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt, eingeschlossen sind Lieferungen von militärischen, zivilen und wissenschaftlichen Satelliten in den Orbit. Die kommerzielle Fracht wird auf 3 Milliarden Dollar pro Jahr beziffert. Die United Launch Alliance mit Sitz in Centennial, Colorado (USA), ein Zusammenschluss von Lockheed Martin und Boeing, bietet Dienstleistungen in der Raumfahrt vor allem für zwei Kunden: das US-Verteidigungsministerium und die NASA. Sie besitzt und betreibt Startrampen in Cape Canaveral (Florida) und die Vanderberg Air Force Base (Kalifornien). Ein völlig neues Geschäft in der Raumfahrt ist der Weltraumtourismus, der zunächst von der russischen Welltraumbehörde betrieben wurde. Der Preis für einen Flug in einem Sojus-Raumschiff liegt offiziell bei 20 bis 35 Millionen Dollar pro Flug. Zwar wurde der russische Weltraumtourismus im Jahr 2010 aufgrund fehlender Kapazitäten eingestellt, doch für 2013 wird eine Wiederaufnahme des Betriebs mit einem Ticketpreis von über 50 Millionen Dollar pro Flug erwartet.

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Das erste Unternehmen für Weltraumtourismus war Virgin Galactic, mit einem Ticketpreis von 200.000 US-Dollar für ein paar Minuten Schwerelosigkeit und einem großartigen Blick auf die Erde aus nur 100 Kilometern Höhe. XCOR Aerospace, ein neues Unternehmen aus Kalifornien, bietet ab 2014 Plätze in seinem Lynx-Raumschiff für suborbitale Reisen für 95.000 US-Dollar. Space Exporation Techniques ist ein weiterer Mitstreiter auf diesem sich formierenden Markt, mit dem außergewöhnlichen Angebot eines Platzes auf einer Reise um den Mond für 100 Millionen Dollar, die noch vor 2020 stattfinden soll. Bei diesen Preisen ist es kein Wunder, dass sich der Weltraumtourismus in den nächsten 10 Jahren zum Milliardengeschäft entwickeln soll. Während die amerikanischen und britischen Unternehmer sich auf den Raumtransport konzentrieren, baut die russische Firma Orbitel Technologies ein Weltraumhotel für 7 Gäste, das im Jahr 2016 eröffnet werden soll. Ein fünftägiger Aufenthalt soll eine Million Dollar Kosten, Essen und Getränke sind im Preis enthalten.

Die Innovation

Es ist schwer zu verstehen, dass Menschen bereit sind, ein Vermögen für die Entdeckung des Weltraums auszugeben, obwohl es auf der Erde so viele schwerwiegende Probleme zu lösen gibt. Wir sollten erst einmal unsere eigene Welt entdecken und lernen, nachhaltig zu leben. Wir sollten zwar begreifen dass der Himmel nicht mehr die Grenze darstellt, uns dann aber auf ein menschliches Leben ohne Armut auf der Erde konzentrieren und die Fähigkeit entwickeln, die Grundbedürfnisse aller mit verfügbaren Ressourcen zu stillen. Virgin Galactic rechtfertigt sein neues Geschäft des Weltraumtourismus damit, es handle sich um ein Cleantech-Projekt, das Kohlenstoffverbindungen auf einem breiten Gebiet von industriellen Sektoren verdrängen wird. Prof. James Lovelock, Umweltschützer der ersten Generation und Mitautor der Gaia-Theorie, unterstützt Virgin Galactic als eins der wichtigen industriellen Projekte des 21. Jahrhunderts. Ebenso glaubt er, dass Atomkraft die saubere Energiequelle ist, die die Welt braucht. Ob er seit der Katastrophe von Fukushima seine Ansichten noch einmal überdacht hat?

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Aisha Mustafa ist eine 19-jährige Studentin an der Universität Sohag, am westlichen Nilufer mitten in Ägypten. Als Physikstudentin mit Begeisterung für die Astrophysik entwickelte sie kreative Einsichten in die Quantenphysik. Sie erfuhr von virtuellen Teilchen, die nur über einen kurzen Zeitraum existierten. Diese Teilchen ermöglichen die Entstehung von Vakuumenergie. Zwar ist das Konzept reine Theorie und basiert auf dem Prinzip der Raum-Zeit-Unsicherheit, doch die Vakuumenergie in einem Kubikmeter leerem Raum (d.h. Raum ohne Materie) wird auf 10 E 113 Joule geschätzt. Sie erkannte, dass der Weltraum nicht wirklich ein Vakuum ist, sondern Brutstätte von Interaktionen, bei der virtuelle Teilchen entstehen und zerstört werden. Dieser Raum – wie klein auch immer – könnte eine ungeheure Energiequelle sein und Aisha überlegte, wie diese eingefangen werden könnte. Ohne die Last der Erfahrung und mit nur begrenzten Erkenntnissen in die bestehenden Theorien dachte sich Aisha einen neuen Motor aus: einen Ionenmotor. Die Kraft von Aishas Ansatz liegt darin, dass sie im Gegensatz zu vielen erfahrenen Astrophysikern ihre Überlegungen nicht auf Diskussionen und Theorien beschränkt, sondern sich verpflichtet fühlt, etwas zu tun.

Aisha lernte die Theorie der dynamischen Kasimir-Kräfte und schlägt einen praktischen Weg vor, Vakuum-Energiefelder für den Antrieb in der Raumfahrt zu nutzen, die wenig oder gar keinen Treibstoff benötigen. Sie ist entschlossen, die Quanteneffekte auszunutzen, indem zwei einfache Silikonplatten in einem Vakuumfeld in einem Abstand von wenigen Mikrometern zueinander aufgestellt werden. Die Platten interagieren mit virtuellen Photonen im Quantenfeld und erzeugen eine Kraft, die entweder anziehend oder abstoßend wirkt. Im Grunde ist Aishas Beitrag ebenso bedeutend wie die Theorie, dass es Öl unter der Erde gibt, indem sie seine Existenz beweist und einen Weg findet, kleine Mengen als Beweis vorzustellen und unserer Wirklichkeit zu präsentieren. Natürlich werden einige wenige Tropfen nicht das Energieproblem lösen, doch diese Geisteshaltung und Entschlossenheit ist ein großer Fortschritt. Dr. Nabil Nour Eldin Abdellah, Präsident der Universität Sohag, ermutigte Aisha, ihren kreativen Ansatz weiterzuverfolgen und stellte das notwendige Budget über den Wissenschaftsverein für Innovative Studenten bereit, um ein Patent zu beantragen, das letztes Jahr im Februar durch die Ägyptische Akademie für Wissenschaftliche Forschung und Technologie in Kairo bewilligt wurde. Die institutionelle Unterstützung ist vorbildlich.

Der erste Umsatz

Der innovative Antrieb basiert auf einem interessanten Mix aus Quantenphysik, Weltraumtechnologie, chemischen Reaktionen und Elektrowissenschaften. Vom Automotor über Antriebe für Flugzeuge, Raumschiffe bis hin zu Satelliten nutzen solche Apparaturen Brennstoffe, die ein Gas in hoher Geschwindigkeit bis hin zu Überschallgeschwindigkeit aus dem Motor treiben. Diese Antriebe beruhen auf chemischen Reaktionen oder elektrischen Teilchen, über die Ionen beschleunigt werden, um eine Vorwärtsbewegung zu erzeugen. Aishas kreative Idee geht über diese traditionellen Lösungen hinaus und findet Wege, wie dieser Antrieb durch elektrische Kraft zwischen voneinander getrennten Oberflächen und Objekten in einem Vakuum durch Nullpunktenergie, den angenommenen geringsten Energiestatus, erzeugt werden könnte. Die Kraft ihrer Erfindung liegt darin, dass Prof. Mark Milles, der das Antriebsprojekt der NASA leitete, zwar den theoretischen Rahmen lieferte, jedoch nie die Logik hervorbrachte, die Aisha in ihrem Patent aufzeigt. Sie überträgt die ursprünglichen Analysen, die den einzufangenden Energiefluss in einem Vakuum erforschen, wie in Prof. John Davidsons Buch „The Secret of Creative Vacuum“ dargestellt wird, in einen realistischen Rahmen.

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Während für die kommenden Jahrzehnte die Raumfahrt weiterhin auf traditionellen Antriebssystemen beruhen wird, ist Aishas Ansatz weitere Finanzierung wert – auch weil Ägypten die akademische Plattform fehlt, um diese Forschungsrichtung weiter zu verfolgen. Vielleicht könnte Virgin Galactic die Grenzen des Energieproblems verschieben, indem sie Aisha einladen, Teil ihres Wettrennens um die Führung auf dem Gebiet der Weltraumreisen zu werden. Erst einmal ist Aisha stolz auf ihre Leistungen als Teenager, doch sie will zuerst ihr Studium beenden und hofft, ihre Erfindung in einer größeren Forschungsorganisation testen zu können, damit ihr Patent für eine der künftigen Weltraummissionen fertiggestellt werden kann.

Die Chance

Aisha bietet solide Inspiration für alle unter uns, die die entstehenden Innovationen der Blue Economy verfolgt haben. Zwar soll ihre Logik auf den Weltraum übertragen werden, doch es gibt keinen Grund, warum zukünftig diese Idee nicht auch auf der Erde angewandt werden sollte. Die Erzeugung eines Vakuums oder leeren Raums ist eine große Herausforderung, die von Experten als unmöglich erklärt wird, doch es wäre nur ein winziger Raum nötig, um möglicherweise eine riesige Energiequelle zu schaffen. Freie Energie wurde uns schon häufiger versprochen, doch Aishas Beitrag geht über das Offensichtliche hinaus und zeigt die Fähigkeit, eine neue Realität zu visualisieren. Noch weiß niemand, wie dies in näherer Zukunft zu bewerkstelligen wäre, und viele werden es als Fantasie abtun, doch wir brauchen die Beharrlichkeit und Kreativität der jungen und unbeschwerten Menschen wie Aisha Mustafa, um uns den Fragen zu widmen, auf die wir noch keine Antwort wissen. Die Zukunft hängt von unserer Fähigkeit ab, von der Fantasie über die Vision zur Realität zu gelangen.

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Vielleicht sollten wir uns von kreativen Köpfen wie Jules Verne leiten lassen, dem französischen Autor des 19. Jahrhunderts, der die Science-Fiction-Literatur über Weltraumfahrten, Luftreisen und U-Boote angeführt hat, bevor diese Techniken je entwickelt waren. Der Grund, warum ich über ein Jahr meine ganze Zeit der Erforschung, Entdeckung, Bewertung, Analyse und Niederschrift dieser Beispiele gewidmet habe, ist, dass wir dringend eine Generation benötigen, die Dinge erfinden kann, auf die bisher noch niemand gekommen ist. Wir brauchen Inspiration. Das letzte Werk von Verne, das er um die Jahrhundertwende herum verfasst hatte und das erst 1994 erschien, ist ein Roman mit dem Titel „Paris im 20. Jahrhundert“. Es ist eine Erzählung über einen jungen Mann inmitten gläserner Hochhäuser, der das ganze Land in Hochgeschwindigkeitszügen bereisen kann, Zugang zu gasbetriebenen Autos hat, einen Rechner und weltweite Kommunikationsnetzwerke, aber dennoch nicht glücklich wird und schließlich auf tragische Weise umkommt. In Zeiten, in denen die Jugendarbeitslosigkeit historische Rekordwerte erreicht, ist es ein Lichtblick zu sehen, wie Aisha nicht den Job für alle, sondern vielmehr ihren eigenen Arbeitsplatz erfindet, indem sie ihrer Leidenschaft zusammen mit einer erfrischenden Sicht auf die Wissenschaften folgt.

Die Menschheit wird dann aktiv oder reagiert, wenn wir vor einer schweren Krise stehen oder wenn wir durch eine Vision inspiriert werden. Vielleicht brauchen wir auch beides: Krise und Vision. Menschen hören auf zu rauchen, wenn bei ihnen ein Lungenkrebs gefunden wird, sie wandern aus, wenn ihnen woanders eine bessere Zukunft geboten wird. Die Geschäftsmodelle, die ich beschrieben habe, bieten eine Vision und Wege aus dem exzessiven Konsumdrang nach unnötigen Dingen (denken wir an das Prinzip, „Etwas“ durch „Nichts“ zu ersetzen). Unser Wunsch nach Lebensqualität muss einhergehen mit Innovationen, die nicht nur auf einer neuen Technologie basieren, sondern vielmehr auf einem neuen Blickwinkel auf dieselbe und sich doch immer ändernde Wirklichkeit, die uns umgibt. In diesem Sinne sind Cashflow, Zeitwert und Einkommen nicht mehr die einzigen Ziele, sondern die Werkzeuge, die Gesellschaften zu der Zukunft verhelfen, die sie sich wünschen. Gesellschaften, in denen das Nötige billig und das Unverzichtbare zum Leben frei erhältlich sind, bieten die Voraussetzungen zum Glück. Dies ist meine Vision, die ich mit Blue Economy verbinde.

GUNTER PAULI

Bilder: Stock.XCHNG

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72. Energie von Containern

Der Markt für Containertransporte

Der Marktwert für weltweite Containerverschiffung wurde 2010 auf 480 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bei dieser Art von Transport wurden im selben Jahr insgesamt 500 Millionen Standard-Container über mehr als 600 Milliarden Kilometer weit versendet. Die Ladekapazität der Containerflotte der Welt wuchs von 4 Millionen Containern im Jahr 2000 bis auf 12, 5 Millionen heutzutage. Zwischen 2008 und 2017 wächst der Frachtverkehr per Container auf den Ozeanen erwartungsgemäß weiter mit einer Rate von 6,9 %. Experten sehen voraus, dass der interkontinentale Handel zwischen Asien und Europa am schnellsten expandieren wird – um 9,8 Prozent an Volumen und 9 Prozent in Erträgen, da Europa um etwa fünf Jahre hinter den USA zurückliegt, was die Verlagerung der Produktion nach Asien betrifft. Die Attraktivität des Transports auf dem Seeweg gründet sich offensichtlich auf die Treibstoffkosten pro 40-Fuß-Einheit: Der Transport eines Containers von Schanghai nach Atlanta ist immer noch billiger als von Guadalajara (Mexiko) nach Atlanta.

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Das weltweite Container-Transportnetzwerk bildet das Rückgrat der globalisierten Versorgungskette mit etwa 60 Prozent des Welthandelswerts und über 90 Prozent des Volumens. Die Wertkette, innerhalb der ein Container vom Absender zum Empfänger gelangt, umfasst folgende fünf Sektoren: (1) Erstellung des Versands, Routenbestimmung und Verwaltung der Kapazitäten, (2) Container, (3) Betrieb der Fahrzeuge, (4) Schiffsbeladung und Löschen der Ladung und (5) Lieferung auf dem Landweg. Die Hälfte der Kosten verursacht der Betrieb der Schiffe selbst, während das Verladen nur 17 Prozent ausmacht. Zentrum für die Finanzierung und den Betrieb neuer Schiffe ist Hamburg. Deutschland besitzt 35 Prozent aller Containerschiffe (1644 von 4619) und in der Stadt haben sich fast 60 Versandbanken und Financiers niedergelassen. A.P. Møller-Maersk (Dänemark) hat P&O Nedlloyd aufgekauft und ist führender Schiffsbetreiber mit einer Rechnungsstellung von jährlich über 43 Milliarden Euro weltweit.

Der Containertransport hat für eine Revolution in der Herstellung gesorgt. Einen Fernseher von Asien nach Europa zu verschiffen kostet 10 Euro, ein Staubsauger 1 Euro und eine Bierflasche 1 Cent. Umgekehrt ist es noch billiger. Durch niedrige Lieferkosten rentiert es sich, spanische Tomaten nach China zu schicken, um sie dort zu Ketchup zu verarbeiten und zum Verbrauch wieder zurück nach Europa zu schicken. Doch jüngste Forschungen zeigen, dass ein Containerschiff in einem einzigen Jahr so viele Abgase freisetzt wie 50 Millionen Dieselautos. Frachtschiffe werden mit minderwertigem Dieselöl betrieben, das bis zu 2000-Mal mehr Schwefel enthält als der von Dieselautos. Das größte Containerschiff der Welt, im Besitz von Maersk, kann 15 200 Container von 40 Fuß bei konstant 50 km/h transportieren und verbraucht dabei pro Tag auf hoher See 380 Tonnen Treibstoff.

Die Innovation

Schiffstreibstoff besteht aus Abfallstoffen des Öls und Resten aus der Raffinerie. Es ist die billigste verfügbare Energiequelle. Alle Schiffe der Welt zusammen verbrauchen täglich 7,3 Millionen Barrel, so viel wie die Gesamtproduktion von Saudi-Arabien. Somit ist der Schiffsverkehr bei weitem der größte Umweltverschmutzer im Transport und bläst – The Guardian zufolge – 260-Mal mehr Schwefel in die Luft als die gesamte Autoflotte der Welt. Allein die 15 größten Schiffe der Welt verursachen genauso viel Schwefeloxide wie alle 760 Millionen Autos auf dem Planeten. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation der Vereinten Nationen (IMO) zeigt auf, dass die bestehende Flotte ihren Energieverbrauch um 10 Prozent senken und neue Schiffe mit einer Technologie zur Senkung um 30 Prozent ausgestattet werden könnten. Als alternative Energiequelle für Schiffe gilt die Atomkraft. Es gibt 150 Schiffe mit Atomantrieb, die meisten davon sind U-Boote. Doch die Option der Kernkraft wird weitgehend ausgeklammert aufgrund der komplizierten Wartung und den Risikofaktoren im Falle von Havarien. Der Umstieg auf sauberen Treibstoff würde zusätzliche Kosten verursachen und den Ölpreis unter Druck setzen, gleichzeitig bliebe die Industrie auf einem minderwertigen Produkt ohne Absatzmarkt sitzen.

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Vatche Artinian ist Amerikaner armenischer Abstammung mit einem Mastergrad im Elektroingenieurwesen und einem MBA der University of Southern California. Ebenfalls hält er einen Bachelorgrad in Elektro- und Computeringenieurwesen der Polytechnischen Universität Kaliforniens. Seine Faszination galt den Schwungrädern, die seit der Bronzezeit zur Speicherung kinetischer Energie eingesetzt werden. Er erkannte, dass neue Hochgeschwindigkeitsmotoren mit magnetischen Lagern Energie effizient speichern. Artinian und sein Team bauten Energiespeichersysteme auf Grundlage eines Magnetmotors für einen Wechselbetrieb in schnellem Rhythmus (12 Sekunden Entladung, 18 Sekunden Leerlauf, 12 Sekunden Wiederaufladung, 18 Sekunden Leerlauf). Ergänzt wurde die Entwicklung um Magnetlager, die das Schwungrad im Schwebezustand halten, so dass die Einheit bis zu 60 000-Umdrehungen pro Minute ohne Reibung oder Wärme schafft. Das Team erkannte, dass die Magnetlager die Wartung auf praktisch null senken konnten, da die Lager nie ersetzt werden und nie Schmierstoffe benötigen.

Artinian (als Vorsitzender) und Larry Hawkins (technischer Direktor) gründeten Calnetix, eine High-Tech-Firma in privater Hand, die in den letzten 20 Jahren zum Industrieführer für Hochgeschwindigkeitsmotoren, Magnetlager und Magnetantrieb für dezentrale Energiesysteme aufstieg. Im Jahr 2004 entschlossen sie sich, ihre Schwungrad-Technologie auszugliedern und gründeten Vycon, eine Firma, die Hochgeschwindigkeits-Schwungräder zur Speicherung von Gleichstrom entwickelt und herstellt. Nach anfänglichen Erfolgen bei der Vorführung der Technologie stellten sie 2010 mit Erfolg ein Budget von 13,7 Millionen Dollar von amerikanischen, dänischen und neuseeländischen Investoren, um die Produktion zu stärken und auf die gestiegene Nachfrage nach sauberen Energiespeicherungsformen reagieren zu können.

Der erste Absatz

Ein mobiler Kran kann innerhalb einer Minute einen Container vom LKW oder Waggon auf ein Frachtschiff oder umgekehrt heben. Artinian erkannte, dass die Kraft zum Anheben und die benötigte Energie zum langsamen Absetzen eine Menge Treibstoff erfordert. Diese Aktionen stellen den zweitgrößten Kostenfaktor im Containertransport nach dem Betreiben des Schiffes selbst dar. Mobile Kräne werden durch Dieselgeneratoren an Bord betrieben. Wenn der Kran etwas anhebt, wird Energie zugeführt, und beim Absetzen und Bremsen wird die wiedergewonnene Energie in einen Widerstand geleitet, in dem sie abgebaut wird.

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Vycon entwickelte und vertreibt inzwischen Schwungräder, die diese Energie auffangen und speichern, damit sie beim nächsten Anheben wieder eingesetzt werden kann; so wird der Energieverbrauch um 30-35 Prozent gesenkt, Lärm gemindert und gleichzeitig die Betriebsdauer des Generators verlängert. Das Schwungrad arbeitet so präzise und zuverlässig, dass Vycon seinen Kunden eine 20-jährige Garantie anbietet. Diese Technologie kann ebenso in bestehende Kräne eingebaut werden, so dass sofort Einsparungen möglich sind. Das erste System wurde am Containerterminal von Long Beach, Kalifornien, installiert und ist seit Mai 2006 in Betrieb.

Die Chance

Diese Neuerung in der Containerindustrie reduziert die dramatischen Emissionen im Schiffsverkehr nur geringfügig. Und doch ist das bewährte Schwungrad-System in der Umsetzung im großen Maßstab eine Plattformtechnologie, die eine Alternative zu Bleisäure-Batterien, die als Reserve für die unterbrechungsfreie Stromversorgung in Datenzentren und Servern dienen. Die Technologie bietet eine batteriefreie Alternative in der Datenspeicherung und in Kommunikationsnetzwerken. Im April dieses Jahres hat die Vycon-Technologie das Zertifikat für Erdbebensicherheit von der kalifornischen Behörde für staatsweite Gesundheitsvorsorge und Entwicklung erhalten, nachdem Tests bewiesen hatten, dass das System vor, während und nach simulierten Erdbeben gleichbleibend funktionierte.

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Die derzeit betriebenen Systeme beweisen, dass die Schwungrad-Technologien sich nach 2 ½ Jahren auszahlen und somit die Gesamt-Anlagekosten für ein herkömmliches batteriegestütztes Stromsystem unterbieten. Zwei Jahre in Folge (2010-2011) wurde Vycon vom Inc.-Magazin als eine der unternehmerischsten und am schnellsten wachsenden amerikanischen Firmen in Privatbesitz ausgezeichnet und konnte über drei Jahre ein Wachstum von fast 800 Prozent aufweisen, das höchste im Energiesektor der gesamten USA. Schwebetechnologien, die über längere Zeit stabil und sicher laufen und so einen besseren Dienst zu niedrigeren Kosten leisten, sind somit selbstverständlich Teil des Portfolios von Innovationen der Blue Economy.

Bilder: StockXCHNG

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71. Pumpspeicherkraftwerke

Der Markt für Pumpspeicherung von Wasserkraft

Der Weltmarkt für Pumpspeicherkraftwerke (PSW) hat 2010 knapp über 127 GW erreicht. Wasserkraft einschließlich Pumpspeicherung ist heutzutage die am weitesten verbreitete erneuerbare Technologie zur Stromerzeugung. Wie Dampf in Kohlekraftwerken ist Pumpspeicherkraft ein Nebenprodukt der Wasserkraft. Sie nutzt den billigen Strom zu verbrauchsarmen Zeiten, um Wasser aus einem niedriger gelegenen Reservoir in größere Höhen zu pumpen. Zu Spitzenverbrauchszeiten fließt dieses Wasser durch Turbinen zur Stromproduktion. Wenngleich das Pumpen selbst Energie verbraucht, steigt doch der Umsatz durch Verkauf von Strom zu höheren Preisen in Spitzenzeiten.

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In der EU liegt die Nettokapazität bei fast 40 GW, was einem Drittel der weltweiten Kapazität sowie 5 Prozent der Kapazität zur Grundversorgung in der EU entspricht. Die EU verzeichnet die größte Aktivität im Ausbau dieser Speicherkapazitäten. Japan hat ebenfalls über die letzten Jahre investiert und liegt inzwischen bei 26 GW bzw. einem Viertel der Weltkapazität. Die USA halten 22 GW (etwa ein Fünftel), die 2,5 Prozent der nationalen Grundversorgung (1088 GW) entsprechen. Es wird erwartet, dass der Markt für Pumpspeicherung in den nächsten 4 Jahren um 60 Prozent auf 203 GW im Jahr 2014 wächst. Hierfür werden zusätzlich knapp 60 Milliarden US-Dollar an Kapital investiert.

Die Weltbank sowie die Europäische Investmentbank stellen bereits vorab Fonds für die Erweiterung von Pumpspeicherkraft aus Portugal, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich für Russland, Indonesien, China und Vietnam auf. Ein interessanter neuer Trend ist die Kooperation zwischen RWE, einem der führenden europäischen Energieversorger, und Deutschlands Kohlenbergwerkbetreiber RAG zur gemeinsamen Entwicklung von integrierten Windkraft- und Pumpspeichersystemen in Tagebaugebieten. Das Konzept verbindet die zeitweise vorhandene Windenergie mit Wasserkraft, die innerhalb einer Minute zur Verfügung stehen kann. Das System wird Windkraft in Momenten hoher Produktivität und niedriger Nachfrage nutzen, um Wasser 50 Meter höher auf die Abraumberge zu pumpen. Es wird voraussichtlich ab 2016 in Betrieb gehen. Mit über 40 000 installierten Anlagen ist Voith Hydro (Deutschland) Marktführer in der Lieferung von Generatoren und Turbinen. Seit letztem Jahr bekommt die Firma jedoch starke Konkurrenz durch Toshiba, Mitsubishi und Sumimoto aus Japan sowie Alstom aus Frankreich.

Die Innovation

Da erneuerbare Energie nicht ununterbrochen zur Verfügung steht, werden Speicherreserven benötigt. Traditionell werden hierfür Batterien genutzt, doch diese Lösung auf chemischem Wege ist nur im kleinen Maßstab möglich. Natrium-Schwefel-Akkumulatoren erreichen nur eine Kapazität von 200 MW. Druckluftspeicherkraftwerke als Alternative haben es schwer, sich auf dem Markt zu positionieren; weltweit sind nur zwei Anlagen in Betrieb. Ein in einem Vakuum mit extrem geringer Reibung betriebenes Schwungrad speichert Energie aus Stoffzusammensetzungen zur Lieferung von Zentripetal-kräften. Komprimierter oder verflüssigter Wasserstoff wird gespeichert, um später wieder in Energie und/oder Wärme zurückverwandelt zu werden. Somit ist die Pumpspeicherung zurzeit zwar das gebräuchlichste System, ihre Nachteile jedoch der negative Umwelteinfluss und die Genehmigungsverfahren, die im Durchschnitt zehn Jahre dauern.

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James Fiske, Spezialist in Magnetschwebetechnik, hat 1978 sein Studium im Elektroingenieurwesen und Informatik am Massachusetts Institute of Technology abgeschlossen. Er arbeitete für Hughes Aircraft an Signalverarbeitungssystemen und war maßgeblich am Bau eines Mini-Supercomputers sowie der Entwicklung von wegbereitender computergestützter Software für das Ingenieurwesen beteiligt. Er besitzt sechs Patente. Als er an der Entwicklung einer neuartigen Transportart für Frachten auf Basis der Magnetschwebetechnik arbeitete, wurde er auf die Nutzung der Schwerkraft als netzgestütztes Stromspeichersystem aufmerksam. Er betrachtete die Pumpspeichertechnik und beschloss, diese bewährte Technologie auf einen neuen Weg zu bringen, nämlich abwärts. Er bemerkte, dass die beiden großen Reservoirs und die Umweltschädigung überwunden werden könnten, indem unterirdisch ein Schwerkraftmodul installiert wird. Dieses modulare System hinterlässt nur einen kleinen ökologischen Fußabdruck und kann fast überall eingesetzt werden, wo Energiespeicherung benötigt wird. James gründete Gravity Power als Spinoff der LaunchPoint Technologies, für die er als Vizepräsident im Prozessingenieurwesen arbeitet.

Der erste Umsatz

James bemerkte, dass wir uns nicht nur auf das Einfangen der Sonnen-, Wind- und Wellenkraft konzentrieren sollten, sondern die Möglichkeit haben, sie über viele Stunden nach Sonnenuntergang oder Abflauen des Windes zu speichern. Er errechnete die gesamten Kapitalkosten pro KW und stellte fest, dass Batterien zwischen 1750 und 3640 Dollar pro KW liegen, während PSH höchstens 1500 Dollar erreicht – also vergleichbar ist mit den billigsten Batterien, jedoch mehr als doppelt so viele Stunden lang Strom speichern kann (10 Stunden). Aus breit angelegten computergestützten Modellen und Simulationen schloss James, dass eine Anlage zur Speicherung von 2 GW weniger als 2 Hektar Fläche benötigt. Da die Technologie auf einem tiefen Schacht basiert, der mit Wasser gefüllt und durch Beton gestützt wird, ist sie auch erdbebensicher.

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Das Schwerkraftmodul ist eine vertikale Säule, die einige hundert Meter tief in die Erde gebohrt und mit Wasser gefüllt wird. Ein riesiger Kolben aus Beton- und Eisenerzscheiben für hohe Dichte und niedrige Kosten drückt auf die Wassersäule, die durch gleitende Dichtungen gesichert werden, um Energie zu speichern. Zur Entladung der Energie über ein Rücklaufrohr werden sie abgesenkt. Solange Energie im Überfluss vorhanden ist, wird Wasser hinabgepumpt; Gewicht und Wassersäule werden angehoben. Bei Bedarf drückt das Gewicht das Wasser durch eine Turbine, die Strom produziert. In einem einzigen Schacht könnten mehr als 50 MW Energie über vier Stunden gespeichert werden, entsprechend sind dies 200 MWh gespeicherter Strom. Gravity Power kooperiert mit Robbins Co., dem Erfinder des Erdbohrers, um ihre Technologie so anzupassen, dass sie innerhalb von 24 Stunden 100 Meter tief graben kann. Durch Geschwindigkeit, niedrige Kosten und Bau aus vorhandenen und billigen Materialien können die zu erwartenden Investitionskosten um mindestens die Hälfte gesenkt werden, und die Zeit zwischen Beschluss und Inbetriebnahme liegt bei wenigen Jahren anstatt einem Jahrzehnt. Die erste Anlage ging 2011 in Texas in Betrieb.

Die Chance

Die Einführung erneuerbarer Energien macht Energiespeicherung im Maßstab zur Anlage notwendig, also in riesigen Dimensionen. Daher liegt eine der Chancen in der Nutzung bereits vorhandener Schächte, die in den letzten Jahrhunderten bereits zu Tausenden von Bergwerksbetrieben in aller Welt gegraben wurden.

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Das Projekt MineWater in Heerlen (Niederlande) nutzt bereits die Temperaturdifferenz tiefer Förderschächte zur Kühlung und Heizung von Wohngebieten. Jetzt würde man aber nicht nur die Wärme nutzen, wie es sich im holländischen Fall bereits bewährt hat, sondern das Vorhandensein von Wasser. Es werden die idealen Schächte gesucht, Dichtungen gebaut und das reichlich vorhandene Wasser in den verlassenen Minen genutzt, das in PSWs sonst häufig herausgepumpt werden muss. In einem Land wie Südafrika rund um Johannesburg, in dem Millionen Liter Wasser aus Bergwerken gepumpt und hierfür 25 Prozent des Gesamtverbrauchs an Energie benötigt werden, könnte die bahnbrechende Technik von James und seinem Team dauerhaft Strom liefern. Erst jetzt entdecken die Betreiber der bis zu 4000 Meter tiefen Minen dieses enorme Potenzial.

Bilder: StockXCHNG

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70. Intelligentes Stromnetz

Der Markt

Auf dem Weltmarkt für Technologien für intelligente Stromnetze wird 2011 ein Wachstum bis auf über 110 Milliarden US-Dollar erwartet, bis 2014 sogar bis auf 171 Milliarden Dollar. Am stärksten wächst der Markt für intelligente Sensoren, mit Aussichten auf mehr als eine Verdopplung von 37 (2009) auf 85 Milliarden Dollar (2014). Ebenso profitiert der IT-Sektor in Hard- und Software von einem schnellen Wachstum von 15 auf 40 Milliarden Dollar, während integrierte Kommunikationssysteme fast um ein Dreifaches von 10 auf 27 Milliarden Dollar wachsen werden. Am stärksten jedoch wird der Bereich des Smart Metering wachsen, von nur 6,4 Milliarden auf über 20 Milliarden Dollar in 5 Jahren. 2010 führte der US-Markt mit 21,4 Milliarden Dollar den Trend an; seine Wachstumsaussichten liegen bei 43 Milliarden für 2014. Bis dahin wird der chinesische Markt ihn jedoch mit schätzungsweise 61,4 Milliarden Dollar übertroffen haben.

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Beim Smart Metering werden Wellen von Datenmessungen gebündelt und übertragen. Dies schafft Wachstumsanreize für Konzerne wie General Electric, Siemens, IBM, Itron sowie Landis+Gyr, die wiederum die Versorgungsbetriebe mit Geräten zur Installation in den Haushalten beliefern. Die Netzanbieter für intelligente Stromnetze wie Silver Spring Networks sowie die Anbieter von Hausenergiemonitoren wie Tendril, OpenPeak und Control4 kämpfen um ihre Marktvorteile. Doch hinter den Dutzenden von Startup-Unternehmen stehen die Riesen des Internet-Booms wie Intel und Cisco Systems, die zusätzliches Einkommen für Netzanbieter schaffen, die von bloßen Strom- und Wasserlieferanten zu Full-Service-Konzernen aufsteigen.

Die Innovation

Die in den Industrieländern eingesetzte Technik wurde großenteils vor 60-80 Jahren gebaut. Sie war darauf ausgelegt, ausgehend von einem riesigen Fossilkraftwerk soviel Energie, Wasser und Gas zu liefern, wie die Kunden verbrauchen könnten. Die Sorgen um Klimaveränderung und erneuerbare Energien zwingen die Netzanbieter jedoch dazu, ihre Infrastruktur zu erneuern. Um dauerhaft erneuerbare Energiequellen einzubinden, werden genaue Messungen, Aufzeichnungen, Steuerungen, Analysen und Regulatoren benötigt. Daher konzentrieren sich die Innovationen auf mobile Kommunikation, IP-Standards, Datenverarbeitung und –auswertung. Messgeräte und Netz sind untereinander verbunden, sie kommunizieren miteinander und werden intelligenter. In einem durchschnittlichen amerikanischen Haushalt stehen 24 Geräte der Unterhaltungselektronik – 1980 waren es nur drei. 31 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in einem Haushalt gehen auf Kosten der Unterhaltungselektronik; Satelliten- und Kabelfernsehen schlucken dabei mehr Strom als der heimische Kühlschrank. Es ist Zeit, über das Smart Metering im Datenverbund hinauszugehen.

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Nach seinem Studienabschluss der Informatik an der Harvard University begann Dan Yates seine unternehmerische Karriere als Gründer von Edusoft, einer Firma für Bildungssoftware zur Leistungsbewertung. Nach Verkauf der Firma erfüllte er sich einen Kindheitstraum und reiste mit seiner Frau von der arktischen Küste Alaskas bis an die Südspitze von Südamerika. Während der Reise fiel Dan die Umweltzerstörung auf, und er beschloss, seine beruflichen Karriere der nachhaltigen Wirtschaft zu widmen. Er bemerkte, dass der Energieverbrauch eine der Hauptursachen ist und widmete seine Computerkenntnisse der Aufklärung von Millionen Menschen, die nichts über ihren Energieverbrauch wissen. 2007 gründete er Opower von einem gemieteten Schreibtisch in San Francisco aus. 2011 war er Finalist des von Ernst&Young ausgeschriebenen Wettbewerbs „Unternehmer des Jahres“ und hat bereits 200 Angestellte – mit steigender Tendenz.

Der erste Umsatz

Dan und sein Team erfanden eine neue Plattform für Netzanbieter zur Kommunikation mit ihren Kunden, die sich dort informieren können, wie sie Energie effizient nutzen und so bares Geld sparen können. Damit wird bewusster Umgang mit Energien für sie persönlich relevant. Sie beginnt mit einer Übersicht, wie viel Energie im eigenen Heim wann und zu welchem Preis verbraucht wurde.

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Inzwischen liefert Opower Berichte an über 3 Millionen Haushalte und informiert so die Menschen, wie sie Millionen Dollar sparen können. Die Netzfirmen liefern jede Menge Tarifinformation, merken aber nur, dass ihre Kunden sie kaum auf ihren Webseiten suchen. Dan und seine Kollegen haben die Netzanbieterseiten stark personalisiert und sie zu Hilfswerkzeugen bei der Energieverwaltung gemacht, zu finden sind Warnhinweise zu Verbrauchsspitzen zusammen mit Tipps, wie sie vermeidbar sind. Da Dan es nicht für zweckmäßig hält, die Menschen mit Daten und Tabellen zu überschwemmen, ließ er sich einen Weg patentieren, wie diese Informationsflut in einfache, nachvollziehbare und persönliche Ratschläge umgewandelt werden kann. Opower stellt keinen Strom her, sondern nutzt vorhandene Ressourcen, um das Netz effizienter zu machen, eins der Kernprinzipien der Blue Economy. In Zusammenarbeit mit über 50 Netzanbietern hat Opower in wenigen Jahren 40 Prozent der Energie eingespart, die durch die amerikanische Solarindustrie produziert wird, ohne den Lebensstandard zu beeinträchtigen.

Die Chance

Eine Studie der Universität Oxford hat bestätigt, dass Verbraucher ohne ihr System zu ändern 10 Prozent Strom einsparen können, sobald sie in Echtzeit über ihren Verbrauch informiert sind. Ein chilenisches Team unter Leitung der Elektroingenieure Gabriel Antonio Villalón Sepúlveda und Robinson Eduardo Gálvez Herrera ging noch einen Schritt weiter als Opower. Ihr intelligentes Netz bietet Daten zum Stromverbrauch in Echtzeit an und zeigt den Verbrauch sowohl in kW sowie in Kosten für jedes Elektrogerät zu Hause an. Dabei vergleicht ihre Software den Realverbrauch mit der theoretischen Leistung und deckt so Minderleistungen und zu hohen Verbrauch auf. Sie überprüft sogar, ob das Gerät gerade überhaupt gebraucht wird und ob es vielleicht besser ganz ab- als nur in Standby-Modus geschaltet werden sollte. Wenn andererseits die Daten darauf hinweisen, dass einige Maschinen eingeschaltet werden sollten, hält das System einen Einschaltcode bereit. Die gesamte Verwaltung beginnt mit der Installation, so wie sie ist, und entwickelt eine Optimierung einschließlich der sofortigen Berechnung von CO2-Einsparungen je nach Energiequelle des Stromanbieters. Dieses Team aus Santiago de Chile entwickelte den eKeeper, bei dem jeder Kunde einen tragbares Display von der Größe eines GPS erhält, auf dem alle Information abrufbar ist und das einfach über Handy oder Computer zu steuern ist.

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Die Erfahrungen von Opower und eKeeper sollen schon bald durch intelligente Stromnetze erweitert werden, in denen die Stromerzeugung aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen nicht nur durch den Anbieter, sondern direkt zu Hause oder vom Büro aus reguliert werden kann. Das neue intelligente Stromnetz kombiniert heimische Produktion und Verbrauch zugunsten echter Nachhaltigkeit. Es zeichnet allen Verbrauch auf und ergänzt die Information mit der Steuerung der Energiebeschaffung, von der Gebäudekompression (Beispiel 59) über Warmwassertanks (Beispiel 60), fließendes Wasser (Beispiel 42) Dünnfilm-Solarzellen auf Fenstern, Flatterbänder (Beispiel 12), Biogas aus Schwarzwasser und Küchenabfällen (Beispiel 51) bis hin zum Wärmetausch durch schwarze Wände (Beispiel 14). Keine dieser Energiequellen kann den ganzen Tag über für sich allein genügend Strom liefern; es wird ein intelligentes Netz benötigt, das die Verfügbarkeit dieser eher kleinen Energiequellen verwaltet. Das intelligente Stromnetz der Zukunft wird nicht nur den individuellen Verbrauch und dessen Kosten anzeigen, sondern auch die individuelle Stromquelle aus über einem Dutzend Quellen, um jederzeit die Stromversorgung sicherzustellen. Dies ist eins der Hauptmerkmale des Blue Economy Centers, das nicht nur die genannten Energien einbeziehen wird, sondern die nächste Generation intelligenter Netze nutzt.

Bilder: StockXCHNG

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37. Isolierfarbe

Der Markt

Der Weltmarkt für Isoliermaterialien erreichte 2009 knapp 37 Milliarden Dollar. Erwartungsgemäß steigt die Nachfrage jährlich um 4,6 Prozent bis 2014. Der chinesische Markt wächst am schnellsten unter allen Nationen mit einer jährlichen Rate von 8,2 Prozent und erreicht 2010 24 Milliarden Yuan (3,6 Milliarden US-Dollar). Der US-amerikanische Markt wächst im selben Jahr um gesunde 7,4 Prozent auf 7,1 Milliarden Dollar. Der europäische Markt, der in den letzten Jahrzehnten aufgrund staatlicher Steuerprogramme bereits viel in Dämmungen investiert hat, wächst hingegen vergleichsweise langsam.

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Die zwei marktführenden Produkte, Schaumstoffe und Glasfaser, stellen 75 Prozent des weltweiten Verkaufsvolumens. Das Neuprodukt mit dem stärksten Zuwachs hingegen ist Zellulose-basierte Dämmung. Zahlreiche Startup-Unternehmen wie Termoträ in Schweden haben in den letzten zwei Jahrzehnten begonnen, Abfälle aus der Zellulose- und Papierindustrie zu recyceln und die kurzen Fasern, die nicht die erforderliche Mindestlänge zur Papierherstellung haben, in natürliche und trockene, dabei einfach zu verarbeitende Dämmung umzuwandeln. Während die Produktions- und Materialkosten der Dämmung ein Schlüsselfaktor für ihre Position im Wettbewerb ist, wird der endgültige Preis durch die Einbaukosten bestimmt. Daher investiert die Industrie in Senkungen des Arbeitsaufwandes und tendiert zunehmend zu vorgefertigter Dämmung.

Der Dämmwert von Materialien schwankt stark. Die Wärmedämmung wird als R-Wert gemessen, indem die Stärke des Materials durch seine Leitfähigkeit geteilt wird. Die effektivste Isolierung, die derzeit auf dem Markt ist, bietet die von Glacier Bay produzierte Dämmung Ultra R, die mit einem Wert von R-50 zehnmal besser isoliert als Polyurethanschaum. Sie wird aus Aerogel hergestellt, einem Gel, bei dem die Flüssigkeit durch ein Gas ersetzt wurde. Die Performance ist so gut dokumentiert und überzeugend, dass die Hersteller eine volle Garantie über 25 Jahre anbieten.

Die Innovation

Die Suche nach neuen, gesunden und nachhaltigen Dämmmaterialien hat in der letzten Zeit viele Innovationen auf den Markt gebracht. Da Glasfaser schimmelanfällig ist und Sprühschaum jahrelang Chemikalien ausdünstet, ging die Nachfrage nach neuen Materialien sogar bis dahin, recycelte Denim-Jeans als Dämmung zu verkaufen. Baumwollmatten aus alten Jeans können ebenso gut wie Glaswolle isolieren. Die in Dämmmaterialien enthaltenen Brandschutzmittel sind kritische Zusatzstoffe (siehe Beispiel 16); die Industrie steuert daher mehr in Richtung von mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit. Die größte Herausforderung für Dämmstoffe aller Art bleibt jedoch ihr hohes Volumen. Die Materialien benötigen viel Raum und sind daher nicht grenzenlos anwendbar.

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Tatsujiro Ishiko, Präsident der Nissin Sangyo Corporation, hat die Entwicklung hocheffizienter Dämmstoffe auf Siliziumbasis (Keramik) beobachtet, die durch die japanische Raumfahrtagentur (JAXA), dem Äquivalent zur amerikanischen NASA, entwickelt werden. Die Forscher haben verschieden geformte winzige Siliziumkugeln (80%) mit einer normalen Malfarbe vermischt. Diese schwimmen dann an der Oberfläche und schaffen eine Innovation „aus dem Weltraum“ zu wettbewerbsfähigen Material- und Produktionskosten. Ein Anstrich von Innen- und Außenwand mit dieser „Perlfarbe“ verbessert die Dämmung. Die Außenwand reflektiert die Sonnenwärme und die Innenseite verhindert den Verlust von gekühlter Luft. Im Winter geschieht das Gegenteil: die mit der Farbe aufgetragenen Siliziumperlen halten die kalte Außenluft ab und verhindern den Wärmeverlust nach außen. Ishiko-san stellte die Technologie zur Vermarktung über die Raumfahrtindustrie der JAXA hinaus unter Lizenz und schaffte den Markennamen Gaina.

Ishiko-san bemerkte, dass die kalte Luft aus Klimaanlagen schnell eine kalte Luftschicht über der angestrichenen Innenwand bildet, was die gefühlte Temperatur verbessert, die berechnet wird, in dem man Luft- und Wandtemperatur addiert und dann durch zwei teilt. Wir vernachlässigen oft, dass Energie vor allem beim Austausch von Hitze oder Kälte an den Wänden verbraucht wird. Wenn die gefühlte Temperatur im Sommer ein Grad kühler oder im Winter ein Grad wärmer wäre, würde Forschungen der Tokyo Electric Power Corporation (TEPCO) zufolge dieser eine Grad Temperaturunterschied bereits zu 10 Prozent Energieeinsparungen führen. Diese Innovation, die auf simpler Physik basiert, ermöglicht die Nutzung von Wandfarbe als leicht installierbaren Dämmstoff. Dies ist eins der Kernprinzipien der Blue Economy.

Erster Umsatz

Der erste erfolgreiche Einsatz ist in der Hausbau- bzw. Bauindustrie. Der doppelte Anstrich spart 30 Prozent Energie im Sommer und 20 Prozent im Winter ohne Einsatz von weiterem Dämmmaterial. Nun muss nur noch eine passende Art von Farbe ausgewählt werden. Die ursprünglich in Japan hergestellte Farbe war teurer als der Marktstandard; eine neue Produktionseinheit, die bald in Gebrauch genommen wird, wird die Produktionskosten senken und so ein einmaliges Verkaufsargument für Eigenheimbesitzer darstellen, die ihr Haus einfach dämmen können, indem sie es anstreichen.

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Die Chance

Einer der Durchbrüche dieser Innovation ist, dass eine dünne Schicht mit einem Pinsel oder einer Sprühdose aufgetragene Farbe vielen Zentimetern von Dämmstoffen Konkurrenz macht. Dies ebnet den Weg für viele Möglichkeiten der Energieeinsparung auf Gebieten, für die der benötigte Raum entscheidend ist. Große Reedereien haben bereits die innovative Farbe auf ihren Decks angewendet. Da die Kugeln aus Silizium sind, sind sie unempfindlich gegen UV-Strahlung, was die Effektivität der Farbe sowie der Isolierung noch steigert. Die Treibstoffeffizienz von Autos und Bussen verbessert sich dank des Anstrichs mit GAINA©, der neuen Markenfarbe, die der Wärmestauung im Sommer entgegenwirkt. Die größten Einsparungen finden sich vielleicht noch bei Kühlcontainern und Kühltransportern. Die sofortige Verteilung der Aufheizung oder Kühlung durch die Schicht winziger Kugeln beugt auch der Kondenswasserbildung vor, die Hauptursache für Schimmelwuchs ist. Der Todaiji-Tempel, einer von Japans wertvollsten Objekten des UNESCO-Weltkulturerbes, ist die Farbe zur Energieeinsparung und zum Schutz der Schätze vor Schimmel eingesetzt worden.

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Obwohl die Haltbarkeit bisher nur für bis zu zehn Jahre bewiesen wurde, bleibt das Produkt wettbewerbsfähig durch seine Multifunktionalität, da es Energie spart, UV-beständig ist, der Kondenswasserbildung vorbeugt und Gerüche bindet. Bei alldem sollten wir nicht vergessen, dass diese wasserbasierte Hülle gleichzeitig als Bemalung dient und in 52 verschiedenen Farben unser Umfeld verschönert. Diese Palette von vielfältigen Vorteilen schafft eine neue Chance für Unternehmer, die vielleicht darüber nachdenken, wie sie sich auf dem Markt der Farben und Dämmstoffe behaupten können. Unternehmer mit Zugang zu diesen Märkten können es nun mit den Großindustriellen auf beiden Märkten gleichzeitig aufnehmen. David kann nicht nur Goliath besiegen, sondern gleich zwei Goliaths auf einmal. Eine Chance, die sich für aufstrebende Unternehmer in der Marktwirtschaft nicht häufig bietet.

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12. Windkraft ohne Turbinen

Reduziert Investitionen in die Infrastruktur, spart Metall und liefert Elektrizität an bisher nicht angeschlossene Gemeinden

Der Markt

Der Weltmarkt für Turbinen und Zubehör wie Motoren und Generatoren wird für 2012 auf über 100 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das stetige Wachstum in der Luftfahrt und der Energiegewinnung steigert die Nachfrage. Während 70 Prozent des Weltmarktes sich auf Nordamerika und Europa konzentrieren, weist China das höchste prozentuale Wachstum auf. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Windrädern beginnt China gerade, eigene Turbinen herzustellen. Dänemark ist das einzige Land mit einer Überschussproduktion an Windrädern und exportiert diese.

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Es gibt hier drei große Marktsegmente: Turbinen, die einzig zum Antrieb für Flugzeuge genutzt werden, Gasturbinen zur Energiegewinnung und Windturbinen. Die Nachfrage nach Windrädern wird im Jahr 2012 die nach Gasturbinen übertroffen haben. Moderne Windräder werden 2010 für 1,5 Millionen Dollar pro Megawatt gehandelt. Wenn die USA 20 Prozent ihrer nationalen Energieproduktion aus Wind gewännen, würde dies einen Marktumsatz von 250 Milliarden Dollar bedeuten.

Die Hersteller von Turbinen richten sich nach der spezifischen Nachfrage nach Windturbinen mit vertikaler (vertical axis wind turbines, VAWT) und horizontaler Achse (horizontal axis wind turbines, HAWT). Die Steigerung der Nachfrage ist sicher, jedoch sind grundsätzliche Innovationen vonnöten, um die Grenzen zu überwinden, die der Produktion durch den Bedarf an seltenen Metallen gesetzt sind. Eine Windturbine im Industriegebrauch benötigt eine Tonne Magnete, davon 35 auf der Basis von Neodym. Heutzutage liefert China 95% dieses seltenen Metalls. Zur Gewinnung von Neodym werden aggressive Säuren in brunnenähnliche Bohrlöcher gepumpt, die dort die Erze lösen. Danach wird der Schlamm in Becken gepumpt, ein Prozess, der hohe Risiken für Arbeiter und Umwelt birgt. Neue Vorkommen, Prozesse und neue Arten von Materialien sind dringend vonnöten, da der Windenergiesektor weiter wächst.

Die Innovation

Es gibt mehrere stark wachsende „grüne“ Industrien, die von seltenen Metallen abhängen. Toyota benötigt zwei bis vier Pfund Neodym und Dysprosium für seinen Hybridantrieb sowie Lanthan für die Batterie. Die chinesische Wirtschaftskraft bei seltenen Metallen illustriert das Beispiel des Batterieherstellers BYD, der schnell zum erfolgreichen Autohersteller aufstieg. Der Zugang zu eigenen Metallvorkommen war der ausschlaggebende Faktor, um auf den Markt zu kommen. In diesem Wechselspiel zwischen „grünem“ Industriesektor und Energiegewinnung im allgemeinen ist die Entdeckung von Shawn Frayne von fundamentaler Bedeutung. Er erfand eine Form der Energiegewinnung aus dem Flattern der Luftströme, die ohne seltene Metalle funktioniert. Prinzipiell kann dieser Generator ganz ohne Metall, sogar ohne Kupfer oder Stahl auskommen.

Shawn Frayne, ein Absolvent der Physik hat beobachtet, wie der Druck des Windes gespannte Bänder und Gurte zum Schwingen bringt. Er erforschte diese aerodynamische Kraft, die Brücken zu Stabilität, aber auch zum Einsturz bringt, wie das Beispiel der Tacoma Bridge in den 1940er-Jahren gezeigt hat. Während Ingenieure an Bauformen arbeiten, die diesen Naturgewalten widerstehen können, geht Shawn einen anderen Weg: er überlegt, wie man mit den Schwingungen gehen kan und entwarf ein System, mit dem die Kraft des Flatterns aufgefangen und ohne Turbine in elektrischen Strom umgewandelt werden kann.

Der mehrfache Erfinders und Besitzers einer weiten Palette von Patenten im Bereich von Verpackungen und Wasseraufbereitung, die gerade dabei sind, kommerziell umgesetzt zu werden, lebt in Hong Kong. Nach einer kühlen Reaktion von amerikanischen Unternehmensfonds ließ sich Shawn in der chinesischen Stadt nieder, wo er mit seinem Team die Einzelheiten zur Stromgewinnung ohne Metalle oder rotierende Bewegungen ausarbeitete. Während die Wissenschaft weitgehend etabliert ist, kommt die Umsetzung in kommerzielle Anwendungen erst nach drei Jahren von Versuch und Irrtum in Gang.

Erster Umsatz

Die Abschaffung der seltenen Metalle in Windturbinen durch die Abschaffung der Turbine selbst ist die Innovation, die zum Durchbruch verhilft. Wenn auch die endgültige Marktdurchdringung noch ein Jahrzehnt dauern könnte, gibt es jetzt schon vielerlei Nischenmärkte, die für das Startup-Unternehmen Humdinger, das in Hong Kong zu Startkapital kam, klare Ziele darstellen. Das Miniatur-Windband ist möglicherweise die erste kommerzielle Anwendung. Dieses kleine Gerät kann Batterien in Sensoren ersetzen. Da ein schwacher Lufthauch von gerade einmal 6 Meilen pro Stunde ausreicht, um einen Sensor anzutreiben, kann ein Windband während seiner Lebensdauer 100 Batterien ersetzen sowie die Zeit, die man für ihren Austausch benötigt.

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Der Weltmarkt für Sensoren explodiert; von Feuermeldern, Wetterstationen bis hin zu Temperatur- und pH-Wert-Meßgeräten hängt die moderne Gesellschaft in großem Maße von der unabhängigen ferngesteuerten Messung von Dutzenden von Parametern ab. Die Chance, die batteriebetriebenen Geräte abzuschaffen zusammen mit der Aussicht auf Unabhängigkeit vom Stromnetz schafft neue Geschäftsmöglichkeiten und -modelle, die mit den Rohstoffen funktionieren, die vor Ort verfügbar sind – ein Kernprinzip der Blue Economy.

The Opportunity

Die Abschaffung von Turbinen, Magneten und in Zukunft sogar allen Metallen bei der Stromgewinnung aus Wind durch Flatterbewegungen öffnet ein weites Feld von Möglichkeiten der lokalen Stromerzeugung und -nutzung. Schon jetzt liegen die Kosten pro Kilowattstunde für aus Flattern gewonnenem Strom gleichauf mit allen traditionellen Quellen, daher gibt es eine Unmenge Geschäftsmöglichkeiten. Speziell für buddhistische Regionen könnte ein neues Energiekonzept geschaffen werden.

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Vielleicht ist Bhutan das erste Land, in dem diese Form der Energiegewinnung im großen Stil umgesetzt wird. Jedes Kind in dieser Himalayischen Nation wächst als Windforscher auf. Warum? Da Buddhisten bei ihren Gebeten Fahnen im Wind aufstellen, müssen sie wissen, ob und woher der Wind weht. Jeder Fahnenmast könnte mit einem Windband ausgerüstet werden, das zum Flattern gebracht wird, damit beim Beten Strom gewonnen wird. Das Band könnte auch mit Gebetssprüchen beschriftet werden. So könnte „heilige Energie“ gewonnen werden. Mehr Wind – mehr Strom – mehr Gebete.

Eine Million Fahnenmasten mit je 2,5 Watt pro Ende erbrächten zusammen 25 Megawatt Strom für Gemeinden in schlecht erreichbaren Gebirgen. Sogar in Städten mit bestehendem Stromnetz könnte es Mode werden, wenn die Bürger Strom mit Spiritualität und Nachhaltigkeit verbinden wollen.

Bilder: Shawn Frayne, Istockphoto, StockXCHNG