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64. Wasser und Strom

Der Markt

Dem Magazin „Forbes“ zufolge haben die Umsätze in Produktion und Vertrieb von Trinkwasser inzwischen die Billionen-Dollar-Marke überschritten. Dies ist mehr als der Pharma-Sektor und beträgt 40 Prozent der Umsätze durch Ölfirmen. Durch Privatkapital werden bereits 5 Prozent der Wasserressourcen auf der Welt kontrolliert. Die größten drei kommen aus Frankreich (Véolia Environnement, Suez und Dégremont), gefolgt von der deutschen Gruppe RWE (Thames Water) und dem amerikanischen Konglomerat Bechtel (United Utilities). Véolia und Suez bedienen jeweils 200 Millionen Kunden in über 100 Ländern der Welt.

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Weltweit werden über 100 Milliarden Liter Trinkwasser abgefüllt und verkauft, davon 90 Prozent in nicht weiterverwertbaren Plastikbehältern. Coca Cola sagt voraus, dass das Wachstum von behandeltem Leitungswasser – das teurer gehandelt wird als Benzin – in einem Jahrzehnt seine Umsätze an Softdrinks übertreffen wird. Im Jahr 2009 stiegen die weltweiten Einzelverkäufe von abgefülltem Trinkwasser um 25 Prozent im Volumen und 27 Prozent im Wert an. Mindestens ein Viertel des abgefüllten Wassers ist Leitungswasser und meist ist das in teuren Plastikbehältern verpackte Wasser nicht sicherer als das aus dem Wasserhahn. In Russland entwickelte sich das Wasser-Geschäft aus dem Nichts zu einem Milliardengeschäft. Für das nächste Jahrzehnt erwarten die Russen ein Wachstum im zweistelligen Bereich, da der Konsum pro Kopf und Jahr nur bei 15 Litern liegt, gegenüber 40 Litern in Polen und 50 in der Tschechischen Republik. In Brasilien kostet eine Literflasche €0,50, in den Vereinigten Arabischen Emiraten €1,00 und in Französisch Polynesien €1,30.

Trotz der von den Vereinten Nationen verabschiedeten Millenniumsziele in der Entwicklung wird für 2050 erwartet, dass aufgrund der massiven Verstädterung 4 Milliarden Menschen ernsthaft an Wasserknappheit leiden werden. Momentan sind es 400 Millionen. Sogar in Europa gibt es 23 Millionen Bürger, die jedes Jahr mit Problemen in der Wasserversorgung zu kämpfen haben. Aus Mangel an sauberem Trinkwasser sterben pro Jahr 3,4 Millionen Menschen. Um diesen Trend umzukehren planen die Regierungen den Bau von Wasser-Pipelines ähnlich der Ölpipelines. Das wasserreiche Land Kanada zieht in Erwägung, von Manitoba bis Texas und British Columbia bis Kalifornien Leitungen zu legen, die bei Kosten von 20 Millionen Dollar pro Kilometer 5 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr durch jede Pipeline leiten. Diese Investments von 50 Milliarden Dollar wären immer noch billiger, als dieselbe Menge Wasser durch Entsalzung in Umkehrosmose zu gewinnen. Solche Mega-Projekte sind in technologischer oder finanzieller Hinsicht keine Herausforderung, sondern eher auf der Ebene politischer Entscheidungen, da möglicherweise Länder wie Kanada, Chile, Norwegen, die Türkei und die USA (Alaska) zur OPEC des Wassers werden.

Die Innovation

Die Nachfrage nach Wasser – der Grundbedingung für Leben – bietet Anreiz für große Ideen und strategische Entscheidungen. Wasserfirmen kaufen weite entlegene Landstriche und komplette Flusssysteme zur künftigen Entwicklung in Lateinamerika auf. Andere investieren in ein neues Geschäft mit Wassertankschiffen zur weltweiten Lieferung und sichern sich langfristige Verträge. Eine weitere Strategie der Wasser-Investments ist, Wasserrechte von Bauern für Zugänge zu Brunnen zu kaufen oder Verträge mit Städten und Gemeinden zur Wassergewinnung abzuschließen. General Electric hat sein weltweites Zentrum für Wasserforschung in Singapur aufgebaut, einem Stadtstaat, der ohne die Wasserver- und entsorgung von Malaysia nicht lange überleben könnte. GE setzt die Vorgaben für Energiekosten pro Kubikmeter Wasser auf 2,4 kWh durch Umkehrosmose. Um die oben genannten Megaprojekte im Wettbewerb zu überbieten, müssten die Energiekosten für Umkehrosmose unter eine kWh sinken. Ohne eine Kombination aus vielerlei Innovationen wie der Wirbeltechnologie (Beispiel 1) ist dies nicht zu erreichen. Doch alle in Betracht gezogenen Lösungen hängen stark von reichlich verfügbarer Energie ab, mit der es mit Sicherheit bald ein Ende hat. Leider sind große Anlagen zur Umkehrosmose nicht nur teuer: Pro jeweils zwei Liter produzierten Trinkwassers fällt ein Liter Lake an, ein salziger Schleim, der tote Räume im Meer schafft und daher als umweltschädlich gilt.

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Marc Parent hat als Techniker bei der Wartung von Klimaanlagen auf einer Hummerfarm auf den französischen Antillen gearbeitet. Die akute Knappheit an Trinkwasser und die unzuverlässigen Dienstleistungen der Regierung veranlassten ihn zu versuchen, Kondensationswasser aus den Klimaanlagen aufzufangen. Gleichzeitig musste er eine Lösung für die ständigen Stromausfälle finden. Seine Kenntnisse der Anwendung physikalischer Grundlagen mündeten in die Entwicklung einer Windturbine, die Strom produziert, um Luft einzusaugen, sie im Innern zu kühlen und Wasser zu kondensieren. Er dachte sich eine Anlage aus, die all dies einschließt. Er beschloss, in seine Heimat in den Französischen Alpen zurückzukehren und war überzeugt: Wenn die Anlage in der trockenen Höhenluft funktioniert, würde sie überall funktionieren. 2008 gründete er Eole Water (Frankreich), 2010 erhielt er Zuschüsse von der Gemeinde und bewies, dass er einen Kubikmeter Wasser pro Tag produzieren konnte. Seine nächste, 50 Meter hohe, Wassermühle wird imstande sein, pro Tag 5000 Liter Wasser aus der Luft zu ziehen. Marc erhielt zwei Patente und machte sich daran, sein neues Geschäft zu entwickeln.

Der erste Umsatz

Das erste Wassergewinnungssystem (Water Maker System, WMS), das gleichzeitig Wasser und Strom liefert, wurde 2011 an die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate verkauft. Der Wind produziert 30 kW und die Wasserkosten fallen erwartungsgemäß auf €0,05 pro Liter. Die Investitionskosten werden voraussichtlich in den ersten Jahren von €500 000 auf €300 000 fallen. Dieses System setzt höhere Eingangsinvestitionen für eine geringere tägliche Produktion an. Jedoch ist es unabhängig von externer Stromversorgung und der damit verbundenen Infrastruktur. Es ist vollständig autark. Das System WMS 1000 verursacht nur geringe Wartungskosten im Vergleich zu allen anderen Wassergewinnungsanlagen. Es stößt keine Treibhausgase aus und hat eine Betriebsdauer von 15 bis 30 Jahren. Die gesamte Anlage wird aus 100 Prozent recycelbaren Komponenten gebaut.

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Ein wichtiger Teil der Funktionalität ist, dass WMS ohne Regulierung mit der gewonnenen Energie arbeitet und so den Strom direkt zur Wassergewinnung und Einspeisung ins örtliche Netz bereitstellt. Als Innovator ging Marc Parent, inzwischen Mittvierziger, keine Risiken mit seinen Lieferern ein und suchte die besten verfügbaren Bauteile für seine Systeme aus, von Siemens für Elektrobauteile über Leroy Somer für Stromversorgungssysteme bis hin zu Arcelor Mittal für alle rostfreien Metallteile. Er wurde zum System-Integrierer und fügte die Teile zu einem funktionierenden Ganzen zusammen.

Die Chance

Eine Windturbine, die Wasser und Strom herstellt und für den Betrieb bei minimaler Wartung in entlegenen Gebieten entwickelt wird, setzt eine Serie von Entwicklungsmerkmalen wie selbstreinigende Systeme, Fernsteuerung und hohe Korrosionsfestigkeit in Küstengebieten voraus. Die gesamte Anlage mit Turm, Turbine, Wassergenerator und Stromversorgung passt in zwei 40-Fuß-Container und ist in wenigen Tagen vor Ort aufgebaut. Somit begrenzt sich das Marktpotenzial nicht auf Inseln und Wüsten, sondern kann auch schnell in Katastrophengebieten zum Einsatz kommen. Hauptvorteil ist nicht nur die Unabhängigkeit; ihre Vielseitigkeit schafft vielerlei Vorteile in der Befriedigung der Grundbedürfnisse mit lokal verfügbaren Ressourcen. Dies ist eins der Kernprinzipien der Blue Economy.

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WMS ist nicht dafür vorgesehen, schnell zum Mainstream zu werden, doch es zeigt, dass eine Mischung aus Know-how und der Fähigkeit, mehrere Aspekte der Grundversorgung gleichzeitig zu berücksichtigen, ein wettbewerbsfähiger Geschäftsansatz ist. Dies ebnet den Weg für weitere Unternehmensgründer, die sich anschließen, entweder als Lizenznehmer zum Marketing und Produktion, oder zum Betrieb dieser WMS als individuellen Profitquellen, da die Kosten pro Liter Wasser weit unter den Verkaufspreisen für abgefülltes Wasser liegen. Somit kann schadstofffreies Wasser gewährleistet werden, dass mit Geschmack oder Mineralien versetzt und vor Ort gewinnbringend vertrieben werden kann. Dies ist ein wichtiger Punkt, da unser Leitungswasser zunehmend Reste von Medikamenten enthält, die nicht einmal durch Umkehrosmose vollständig entfernt werden können. Die Technologie, die Marc Parent entwickelt hat, wird Teil eines grundlegenden Portfolios sein, das die Spielregeln des Markts verändert.

Bilder: StockXCHNG

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60. Batterien aus Wasser

Der Markt

Der Weltmarkt für Batterien wird 2011 fast 74 Milliarden US-Dollar erreichen. Der chinesische Markt ist bereits der größte und wächst am schnellsten. Der Umsatz der USA liegt bei etwa 15 Milliarden; dies entspricht 15 Milliarden Batterien. Dabei legen teure Batterien am meisten zu. Der Weltmarkt für Rohstoffe, aus denen Batterien hergestellt werden, wächst dieses Jahr auf 3,8 Milliarden Dollar an. Dabei liegt der Mehrwert von fertigen Produkten beim Zwanzigfachen des Rohstoffwerts. Herstellung und Verkauf von Batterien sind definitiv ein lukratives Geschäft. Während Autobatterien zu nahezu 100 Prozent recycelt werden, landen schätzungsweise 40 Milliarden andere Batterien in diesem Jahr auf Mülldeponien. Dies bedeutet, dass seltene und teure Metalle im Wert von etwa 2 Milliarden Dollar weggeworfen werden.

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Zwar wurde bereits vor 2000 Jahren die erste Batterie erfunden, doch es war Thomas Edison, der die erste Alkalibatterie mit 1-1,35 Volt Spannung erfand. Heutzutage wird die Stromstärke der Batterien in Joule bzw. Wattsekunden gerechnet, d.h. ein Watt entspricht einem Joule pro Sekunde. Eine Wattstunde sind demnach 3600 Joule. Der Weltmarkt für Batterien hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, von solchen auf Bleisäurebasis zum Preis von 0,17 Dollar pro Wh – der billigsten, die auch für Autos verwendet wird – bis hin zur Nickel-Cadmium-Batterie, die fast das Zehnfache kostet (1,50 Dollar). Die mittleren aus Lithiumionen, die standardmäßig in Elektrofahrzeugen von Nissan eingebaut sind, kosten 0,47 Dollar pro Wh. Nur wenige wissen, dass eine Kilowattstunde Strom aus Batterien das 100- bis 500-fache des Netzstroms kostet. Für Mobilität zahlt die Gesellschaft einen hohen Preis. Die größte Batterie wurde von ABB in Fairbanks, Alaska gebaut. Diese massive Nickel-Cadmium-Batterie liefert 40 Megawatt und somit genug Strom zur Versorgung von 12 000 Personen über sieben Minuten. Die kleinste Batterie misst 2,9 mal 1,3 mm, die Größe einer Bleistiftspitze, und kann bis zu 10 Jahre lang aufgeladen werden.

Die Innovation

Ein großes Manko von Batterien ist deren Gewicht. In der Industrie sind leichte Batterien gefragt. Die Wiederaufladung von Batterien durch Einpumpen eines Elektrolyts statt des Ersetzens oder Wiederaufladens ganzer Einheiten ist eine weitere bedeutende Neuerung. Die Batterie auf Vanadium-Basis, die mindestens 10 000-mal aufgeladen werden kann, ist ein weiterer Durchbruch, obwohl die weltweite Nachfrage damit nicht gedeckt werden kann. Jedoch haben Batterien ihre Grenzen bezüglich Bergbau, Recycling und einfachem Energiepotenzial. Ein Kilogramm Rohöl entspricht 50 MegaJoule (MJ) Energie, während ein Kilogramm Bleisäure-Batterie nur 0,1 MJ Energie liefern kann – 500-mal weniger. So erklärt sich, warum die Energie aus Batterien so teuer ist und die Speicherung von überschüssiger Elektrizität in Batterien immer einen Nachteil im Wettbewerb darstellen wird. Auf ihr Gewicht bezogen können auch die besten Batterien der Welt theoretisch nur 6 Prozent der Energie stellen, die das Erdöl liefert.

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Professor Bo Nordell von der Technischen Universität von Luleå (Schweden) war schon lange beeindruckt von der Fähigkeit des Wassers, Wärme zu speichern. Er erforschte die Speicherung von thermischer Energie und stellte fest, dass in einem Kubikmeter Wasser 334 MJ oder 93 kWh Wärme gespeichert werden können. Die Möglichkeit, entweder Eis zu nutzen, in dem die Energie der kalten Wintermonate gespeichert wird, oder durch Sonne erhitztes Wasser (siehe Beispiel 53), stellt einen billigen Speichermechanismus dar, der bei Anwendung im großen Maßstab und minimalen Kosten in der Infrastruktur sehr effizient ist. Er kann unbegrenzt wieder aufgeladen werden. Prof. Nordell unterstützte Kjell Skogbergs Dissertation, die zur Erbauung der weltweit ersten Schneekühlungs-Anlage in Sundsvall, Schweden für das städtische Krankenhaus führte. Dort wird die Kühle des im Winter gesammelten Schnees genutzt.

Der erste Umsatz

Per-Erik Larsson, der vom Landrat von Västernorrland eingesetzte Projektleiter, beschloss, die Energieanlage zu entwickeln und zu betreiben. Damals im Jahr 2000 war das Hauptziel die Vermeidung von ozonschädlichen Kühlungsmitteln, Senkung des Stromverbrauchs und Nutzung des Schnees, der hauptsächlich von Straßen, Dächern und Parkplätzen stammte. Der schmelzende Schnee wird durch Rohre geleitet. Die Bauweise ist recht einfach: Bevor das Wasser die Rohrleitungen des Krankenhauses erreicht, wird es gefiltert und durch Wärmetauscher geleitet. Die Wärmetauscher haben eine Kapazität von 3 MW und leiten Wärme aus dem Krankenhaus zum geschmolzenen Schnee. Das Wasser des Krankenhauses wird von 12 auf 7 Grad gekühlt. Das erwärmte Kühlwasser wird wieder ins Schneelager zurück geleitet und schmilzt dort weiteren Schnee, der wiederum zu den Wärmetauschern und dem Krankenhaus geleitet wird und die Kühlung sich somit fortsetzt. Nach der Installation der Schneekühlung konnte das Krankenhaus seinen Stromverbrauch für Kühlung um über 90 Prozent senken. Diese langfristige Lösung hat eine Lebensdauer von mindestens 40 Jahren, d.h. die Anlage kann 40 Winter lang wieder aufgeladen werden. Die Erfinder gründeten daraufhin die Firma Snowpower AB und vermarkten darüber diese simple Batterietechnik.

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Die Erfahrung von Sundsvall ist eine Anwendung im großen Maßstab von vielen kleineren Beispielen, in denen Wasser als Speichermedium für Energie genutzt wird. Zwar nutzen die meisten Systeme Wärme statt Kälte, doch der Mechanismus funktioniert auf Basis des Temperaturunterschieds, egal ob dieser von Eis oder Heißwasser ausgeht. 1989 baute Josef Jenni das erste Solarhaus und 2005 einen Solartank, der 205 Kubikmeter Heißwasser zur Stromgewinnung speichern konnte. Die Stadt Herleen in den Niederlanden nutzte als erste Heißwasser in stillgelegten Kohleschächten. Obwohl die tiefe Mine nur 35 Grad warmes Wasser liefert, ist dies mithilfe von Wärmetauschern genug, um 350 Häuser und ein Einkaufszentrum mit Wärme im Winter bzw. Kühlung im Sommer zu versorgen. Wasser kann fünfmal mehr Wärme speichern als Beton und ist daher im großen Maßstab eine ideale Alternative zu Batterien.

Die Chance

Jede Wohnung und jede Stadt verfügt über ein ausgefeiltes System zur Wasserspeicherung. 80 Prozent des Energieverbrauchs in einer normalen Wohnung entstehen beim Heizen oder Kühlen von Luft sowie Erhitzen von Wasser, somit liegt die wahre Chance nicht nur in der Nutzung erneuerbarer Energien, sondern vor allem in einer effizienten Speicherung von Energie. Das billigste und am weitesten verbreitete Speichermedium ist Wasser. Hier bietet sich die Möglichkeit, die Energiespeicherung zu überdenken, da wir Wasser erhitzen (oder kaltes Wasser auffangen) und speichern können. Der erste Vorteil liegt darin, dass heißes Wasser das Risiko der bakteriellen Verseuchung mindert. In Spanien müssen Hotels ihr Wasser bei 90°C speichern, um so die Ausbreitung von E.coli-Bakterien zu bekämpfen, und es dann auf 38-40 Grad in Duschen und Bad abkühlen, wobei über 50 Prozent der enthaltenen Energie verloren gehen.

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Wenn wir das Prinzip „Nutze, was du hast“ in die Praxis umsetzen, wird Heißwasser zu einer der Hauptquellen für Elektrizität. Festkörper-Wärmetauscher benötigen nur 3 Grad Temperaturunterschied, um Strom zu erzeugen, ein Phänomen, das unter dem Namen der „Thermoelektrizität“ bekannt ist. Denken sie das nächste Mal beim Duschen doch einmal darüber nach, wie viel Energie beim Mischen von Kalt- und Warmwasser verloren geht. Denken Sie auch einmal an das Potenzial, wenn alle Wassertanks, die bereits gebaut wurden, zu Energiespeichern umgebaut würden und so eine passive Leistung in eine aktive Komponente umgewandelt würde, die eine neue Art intelligenten Netzes benötigt. Hier liegen so viele Chancen für Unternehmensgründer, dass sogar ein neuer Beruf entstehen könnte: der „Wasserelektriker“.

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59. Gleichstrom als Standard

Der Markt

Der Weltmarkt für Computerserver wird 2011 fast 48 Milliarden Dollar erreichen, 2009 lag er noch bei 42,2 Milliarden. Dies entspricht 7,6 Millionen Servern. Bereits im ersten Quartal 2011 wurde ein Wachstum von 8,7 Prozent im Verkaufsvolumen verzeichnet, während das High-End-Segment um 14,2 Prozent wuchs. Dies sind gute Neuigkeiten nach dem starken Rückgang der Nachfrage um 18% im Jahr 2008. Das Cloud-Computing-Konzept, das je nach Nachfrage Daten und Dienstleistungen über Netzwerke von Computern anstelle eines lokalen Servers bereitstellt, wird die Nachfrage nach Servern erwartungsgemäß weiter stimulieren. Eine der großen Neuheiten im Internetsystem, das sich ständig weiterentwickelt, ist, dass eine wachsende Anzahl Server sich nur auf Video konzentriert. Dieses Marktsegment springt wahrscheinlich von fast null vor zwei Jahren bis auf 2,3 Milliarden im Jahr 2012.

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Die Datenzentren wachsen explosionsartig. Ein Konzern wie Dell verdoppelt seine Daten-Dienstleistungszentren in China von 1000 auf 2000 in nur einem Jahr und beruft sich dabei darauf, dass 60% aller Cloud-Dienstleistungszentren in China von Dell gestützt werden. Der Marktführer für Server (aller Arten) ist Hewlett Packard mit 31,5% Marktanteil, dicht gefolgt von IBM mit 29,2 Prozent. Oracle, ein Newcomer auf diesem Gebiet, hat es bereits auf 6,5% geschafft. Die Serverparks haben ihren Preis: 1,2% allen elektrischen Stroms in den USA werden von Servern verbraucht, die somit für 0,5% aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Mit 100 000 Servern erklärt sich Intel zum weltgrößten Servernutzer. Facebook hatte 2010 über 60 000 Server, doch Google hält geheim, wie viele Server er einsetzt. Einige behaupten, dass er bereits die Millionenmarke überschritten hat. Microsoft könnte etwa 225 000 haben und Yahoo und eBay jeweils über 50 000. Mit „nur“ 20-25 000 Einheiten zählen Telekommunikationsriesen wie Verizon und AT&T zu den kleineren Verbrauchern.

Die Innovation

Innovationen für Server zielen hauptsächlich auf eine Kombination aus immer höherer Computerleistung und Verkleinerung ab. Die Vorkonfiguration von Serverbündeln sind ebenfalls Schlüsselkomponente auf dem Weg zu mehr Effizienz. Insbesondere in der Entwicklung von Komponenten hat die Energieeffizienz hohe Bedeutung. Im Bereich der mobilen Elektronik hat sich die Bluetooth-Technologie als besonders leistungsfähig erwiesen, doch leider auch als ausgesprochener „Stromfresser“. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem TDP gewidmet, die den Bedarf pro Prozessor von 35-40W bis auf 15W und bis 2012 auf 10W reduzieren konnte. Doch die größte Herausforderung liegt darin, dass das Stromnetz Wechselstrom liefert, während alle Geräte Gleichstrom benötigen. Bei Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom geht Strom verloren. Zwar entstand hier eine riesige Industrie für Gleichrichter, doch dies führte nicht nur zu höheren Kosten, sondern erschwerte auch die Bestrebungen zur Energieeinsparung, da mindestens 10 Prozent der Wechselstromenergie in Wärme umgewandelt werden und somit verloren gehen. Noch schlimmer ist, dass die überschüssige Wärme ständig abgeführt werden muss und daher die Serverparks leistungsstarke Klimatisierung benötigen.

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Der Physikexperte Prof. Umesh Mishra lehrt an der University of California in Santa Barbara (USA). Er hat bereits große Beiträge in der Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-Transistoren geleistet. Prof. Mishra ist Experte in der Verstärkung und fand heraus, dass er Computerchips entwickeln konnte, die Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln. Statt 10 Prozent der Energie durch Wärmeentwicklung zu verlieren, konnte er nun über 99 Prozent des Stroms fast ohne Wärmeverlust nutzen. Mit solch hocheffizienten Umwandlern könnte die Nachfrage nach den Klimaanlagen reduziert werden, die in den Serverparks brummen und die Wärme von Licht und Servern abführen. Wenn diese Lösung überall in der Industrie umgesetzt wird, könnten seiner Rechnung zufolge Hunderte von Terawattstunden Strom eingespart werden. Ganz Las Vegas – betonte er – verbraucht „nur“ 33 Terawattstunden!

Der erste Umsatz

Prof. Umesh gründete daraufhin Transphorm, eine Firma, die sich auf die Produktion von Chips zur Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom konzentriert und somit auch Ladegeräte überflüssig macht, die ebenfalls Gleichrichter sind. Transphorm verfügt über ein finanzielles Rückgrat von 38 Millionen Dollar durch Investoren, darunter Google, der bereits entschieden hat, für jeden Server eine 12-Volt-Reservebatterie zu entwickeln. Google ging noch weiter und installierte seine Datenzentren in herkömmlichen 40-Fuß-Schiffscontainern, die jeweils mit 1160 Servern ausgestattet sind und einen Energieverbrauch von 250 kW Gleichstrom haben. Solche Datenzentren hängen gewöhnlich von unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV) ab, riesigen Batterien, die sich einschalten, wenn der Strom ausfällt. Die USV schaltet sich viel schneller ein als herkömmliche Dieselgeneratoren, die somit Stromunterbrechungen verursachen. Doch der Einbau von Energiezufuhr im Server selbst ist noch billiger und kann direkt für den Server berechnet werden, Kapazitäten freisetzen und auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten werden.

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Die Chance

Umesh Mishra plant die Fertigstellung und Inbetriebnahme seiner Fabrik für Prototypen für 2012. Doch eigentlich sollte die Entwicklung dahin gehen, gar keine Umwandlung mehr zu benötigen. Der Ersatz von „etwas“ durch „nichts“ ist eins der Kernprinzipien der Blue Economy. Ziel sollte sein, überhaupt keine Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom zu benötigen. Dies geht nur, wenn das gesamte Stromnetz einschließlich der Grundstromversorgung mit Gleichstrom funktioniert. Schließlich funktionieren Server, Notebooks, LED-Licht, Handys, Elektromotoren und –fahrzeuge und sogar Kühlschränke mit Gleichstrom. Solarpaneele, Piezoelektrik sowie viele erneuerbare Energiequellen liefern ebenfalls Gleichstrom. Warum sollten wir also nach teuren Gleichrichtern (die oft „Ladegeräte“ genannt werden) suchen, wenn sie einzig dazu dienen, Wechselstrom von 110 oder 220 Volt in 6, 12 oder 24 Volt Gleichstrom umzuwandeln, anstatt diese Ineffizienz des Stromnetzes einfach zu umgehen?

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Die Revolution, die hier auf der Hand liegt, ist, dass Gleichrichter einfach unnötig werden, da erneuerbare Energie lokal produziert und verbraucht werden könnte, womit groß angelegte intelligente Stromnetze ebenfalls überflüssig werden. Gebäude könnten einen Großteil ihres Stroms durch eine Vielzahl von Energiequellen beziehen, die bereits im Beispiel 12 (Flatterbänder), Beispiel 40 (Osmose), Beispiel 42 (durch den Wasserhahn), Beispiel 53 (innovative Solarpaneele) beschrieben wurden, zuzüglich Piezoelektrik, die durch den Gebäudedruck generiert werden könnte – jede Tonne Kompression kann bis zu 6 Volt Gleichstrom produzieren. Die Kompressionspaneele befinden sich noch in der Planung, ähneln sich in der Herstellungstechnik jedoch den Solarzellen, wobei Silizium durch Quarz, kristalline Seide oder sogar Salz oder Zucker ersetzt wird. Einzige Bedingung für den Erfolg dieses Konzept ist, dass das Gebäude sich leicht bewegt – auf molekularer Ebene – und dies kann durch eine Neukonzeption des Daches leicht erreicht werden. Der Überbau eines Gebäudes würde eher wie ein Baum mit einer breiten Krone aussehen, der die Basis vor Regen und Sonne schützt, sich jedoch im Wind und mit der Erde bewegt, um die Energie der Erdrotation mit auszunutzen – ein Konzept, das Kepler bereits vor Jahrhunderten bewiesen hat. Diese Lösungen sind inspiriert durch natürliche Systeme.

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4. Strom ohne Batterien

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Dieser Artikel stellt den aktuellen Stand unterschiedlicher batterieloser Technologien vor. Dies ist eine von vielen Innovationen im Rahmen der Blue Economy und Teil einer breit angelegten Bewegung um Mensch, Wirtschaft und Natur positiv in Einklang zu bringen.

von Markus Haastert, Anne Kathrin Kuhlemann

Hintergrund: Milliarden Batterien vergiften die Müllhalden

Die Erfindung der Batterie war eine Revolution. Sie hat es möglich gemacht, Energie dorthin zu transportieren, wo und wann man sie brauchte. Mittlerweile haben die meisten elektrischen Geräte irgendeine Art von Batterie oder Akku verbaut, sodass sie auch laufen, ohne ans Netz angeschlossen zu sein.

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Doch kurze Akkulaufzeiten und sich schnell entleerende Batterien sind ein Ärgernis, das jeder kennt. Auch umwelttechnisch sind Akkus und Batterien problematisch: für ihre Produktion werden nichterneuerbare Rohstoffe wie seltene Erden benötigt, die nicht unbegrenzt auf der Erde vorkommen. Während ihrer Produktion wird CO2 ausgestoßen, welches zur weltweiten Klimaerwärmung beiträgt. Allein in den USA werden jedes Jahr 3 Milliarden Batterien weggeworfen, in Deutschland sind es 1,5 Milliarden Batterien jährlich. Weltweit werden jährlich 15 Milliarden Batterien hergestellt und verkauf, um den ‘Abfall’ zu ersetzen. In Batterien sind oft Schwermetalle wie Cadmium, Quecksilber und Blei enthalten, diese sind hochgradig umwelt- und gesundheitsschädlich.

Batterien sind daher im momentan eines der größten Forschungsgebiete. Zum Beispiel werden für Elektroautos sehr teure Batterien benötigt, die trotzdem nur für maximal 500 Kilometer Energie speichern können. Es wird an immer kleineren Batterien mit immer größerer Speicherkapazität geforscht.

Doch die Wissenschaft geht auch noch in eine ganz andere Richtung. Wenn es möglich wäre, Energie nicht mehr zentral zu produzieren und dann zu einem bestimmten Ort transportieren zu müssen, sondern die Energie direkt dort zu produzieren, wo man sie benötigt, würden sehr viele Probleme einfach wegfallen. Leere Akkus und Batteriemüll könnten so der Vergangenheit angehören.

Innovation: Abwärme in Elektrizität verwandeln

Um uns herum wird unfassbar viel Energie als Abwärme abgegeben und nicht genutzt. Die Frage ist nun, wie man diese Wärme einfangen und dann in nutzbare Elektrizität umwandeln kann, um Uhren, Handys oder Laptops zu betreiben – ganz ohne Batterie. Allein der Körper eines Mannes produziert jeden Tag zwischen 100 und 120 Watt. Das wäre genug, um die portablen elektronischen Geräte, die man im Alltag verwendet, mit Energie zu versorgen.

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Die Forschung in diesem Bereich schreitet sehr schnell voran. Thermoelektrische Generatoren sind im Moment die Technologie, die am vielversprechendsten aussieht. Dabei handelt es sich um kleine flexible Scheibchen, die die Wärmeunterschiede zwischen der menschlichen Haut und der Außentemperatur in Elektrizität umwandeln. In die andere Richtung funktioniert diese Technologie schon sehr gut und wird zum Beispiel zur PC-Kühlung verwendet. Elektrizität wird zugefügt, und dadurch werden die Wärmeunterschiede auf den beiden Seiten des Scheibchens größer. Nun muss dieses Prinzip nur umgedreht werden, so dass aus den Wärmeunterschieden Strom erzeugt werden kann. Vor kurzem haben koreanische Wissenschaftler vom Korean Advanced Institute of Science and Technology ein Armband entwickelt, das zehn mal mehr Elektrizität produziert als ähnliche Geräte, da es auf ultraleichtem und sehr flexiblem Glasfasermaterial gedruckt wurde. Es wird solange Energie produziert, wie die Lufttemperatur niedriger ist, als die Körpertemperatur des Trägers. Dieses Gerät wurde für medizinische Zwecke kreiert, wie zum Beispiel als Energiequelle für Herzsensoren. Aber theoretisch kann es auch Handys oder sogar Laptops betreiben. Der Markt für so eine portable Ladestation wäre gigantisch.

Schon im Jahr 1998 brachte die japanisch Firma Seiko die erste Uhr heraus, die durch die Transformation von menschlicher Wärme zu Elektrizität funktioniert. Allerdings wurden davon nur 500 Stück produziert. Der hohe Verkaufspreis von über 2000 Euro führte zu einer sehr zurückhaltenden Nachfrage. Es gibt natürlich auch Uhren, die die kinetische Energie ernten, die entsteht, wenn sich der Arm des Trägers bewegt. So benötigen sie keine Batterie und müssen nicht aufgezogen werden.

Potenzial: Batterielose Herzschrittmacher?

Eine ganz ähnliche Technologie könnte abseits von der Energieversorgung für Telefone und Computer auch in der Medizin Verwendung finden. Vor kurzem hat ein Wissenschaftler aus der Schweiz einen Herzschrittmacher gebaut, der ähnlich funktioniert wie ein Uhrwerk – aber ohne eine Batterie. Die nötige Energie, die zum Betreiben des Herzschrittmachers benötigt wird kommt direkt aus dem Herzen – durch seine regelmäßigen Schläge. Diese kinetische Energie kann aufgefangen und geerntet werden und genügt, um das Gerät zu betreiben. Erste erfolgreiche Versuche an Schweinen haben bewiesen, dass die Technologie durchaus realistisch in der Umsetzung ist.

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Ein batterieloser Schrittmacher würde den Patienten zahlreiche Operationen ersparen, die nötig sind, um die Batterie des Schrittmachers zu wechseln. Da solche Operationen immer ein Risiko sind, könnten dadurch Leben gerettet werden und natürlich auch Kosten gespart werden. Über 75.000 Herzschrittmacher werden allein in Deutschland jedes Jahr implantiert. Nach einigen Jahren muss bei jedem dieser Geräte die Batterie gewechselt werden. Durch Herzschrittmacher ohne Batterie könnten also zahlreiche Operationen vermieden werden. Gerade für ältere Menschen stellt jede Operation ein großes Risiko dar. Und jungen Menschen mit Schrittmacher könnten zahlreiche Operationen im Verlauf ihres Lebens erspart bleiben.

Wenn es heute schon möglich ist aus Körperwärme genug Energie zu produzieren um ein Smartphone aufzuladen, dann tun sich ganz neue Potentiale für diese Technik auf. Um uns herum wird sehr viel Energie einfach als Abwärme in die Umwelt gepumpt. In Fabriken, Elektrizitätswerken, Müllhalden oder Transportmitteln wie Auto oder Flugzeugen werden jeden Tag riesige Mengen an Wärme verschwendet, die man zu Elektrizität konvertieren könnte, die dann direkt vor Ort verwendet, oder ins Stromnetz eingespeist werden könnte. Für neue Innovationen ist also noch viel Raum.

 

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Quellen:

http://everyday-green.com/html/battery_statistics.html

Schaeffer, John (2015): The Real Goods Solar Living Sourcebook, 14. Aufl., New Society Publishers, Gabriola Island

http://www.k2battery.com/technology-clean.html

http://www.forbes.com/2010/06/07/nanotech-body-heat-technology-breakthroughs-devices.html

http://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/produktverantwortung-in-der-abfallwirtschaft/batterien

 

Bilder:
https://www.flickr.com/photos/moria/393087509